Senat soll Planungen auf den Prüfstanstand stellen
Selbst wenn der von der Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" ins Rollen gebrachte Volksentscheid schief geht, scheint es eher unwahrscheinlich, dass die Senatspläne dann noch eins zu eins umgesetzt werden können. Erschwerend hinzu kommt, dass der am Tempelhofer Damm geplante Neubau einer Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) voraussichtlich wesentlich teurer würde, als kalkuliert. Bisher war von etwa 270 Millionen Euro die Rede, jetzt sind es plötzlich 350 Millionen.
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat auf Antrag der Grünen und unter der Überschrift "Tempelhofer Feld, moderat, behutsam und gemeinsam entwickeln" mit knapper Mehrheit beschlossen, dass das Bezirksamt dem Senat Druck machen soll, damit der seine Bebauungspläne noch einmal auf den Prüfstand stellt. Insbesondere soll ernsthaft und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar geprüft werden, ob ein ZLB-Neubau tatsächlich notwendig sei oder ob vielleicht auch im Flughafengebäude genug Platz wäre. Auf der für die ZLB projektierten Fläche sollten stattdessen Wohnungen gebaut und die benachbarten Kleingärten erhalten werden, meinen die Grünen in der Antragsbegründung. Die Initiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" lehnt eine Randbebauung generell ab.
Den Beschluss der Bezirksverordneten könnte der Senat ja noch, wie so oft schon, ignorieren, aber mit dem Abgeordnetenhaus wird das schwieriger, wie jetzt deutlich wurde. Die fünf Fraktionen suchen nach einem tragfähigen Kompromiss. Um dem Volksentscheid in seiner stringenten Form den Wind aus den Segeln zu nehmen, arbeiten die Parteien dem Vernehmen nach an einer gemeinsamen Stellungnahme. Unter einen Hut zu bringen sind unter anderem die Forderungen vom SPD-Koalitionspartner CDU nach einer breiten Diskussion und von den Grünen nach einem echten Allfraktionenkompromiss. Die Piraten favorisieren eine partielle Bebauung und echte Bürgerbeteiligung, die Linke will ein verbindliches Gremium der Partizipation und eine echte soziale Wohnbebauung. Fraktionsübergreifend einig sind sich die Politiker bislang lediglich darüber, dass die Stadt Wohnungen braucht, aber auch, dass das der von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) versprochene Erhalt einer mindestens rund 230 Hektar großen Freifläche unter besonderen, in Gesetzform gegossenen Schutz gestellt werden soll.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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