Tempelhof. Der Fall sorgte für Schlagzeilen und Entsetzen. Am 7. Februar 2005 war die 23-jährige Hatun Sürücü auf offener Straße an der Bushaltestelle Oberlandstraße, Ecke Oberlandgarten mit drei Kopfschüssen aus nächster Nähe regelrecht hingerichtet worden.
Als Motiv für die unvergessene Bluttat gilt eine obskure Familienehre. Hatun Sürücü, eine junge, in Berlin lebende Mutter, wurde ermordet, weil sie ein modernes, selbstbestimmtes Leben frei von archaisch-patriarchalischen Strukturen und frei von Repressionen durch ihre Familie führen wollte. Sie war als 16-jähriger Teenager in der Türkei zwangsverheiratet worden, anschließend mit ihrem kleinen Sohn zurück nach Deutschland geflohen und hatte eine Ausbildung begonnen. Als Tatverdächtige nahm die Polizei drei ihrer Brüder fest. Der Jüngste, zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt, legte ein Geständnis ab und wurde 2006 zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt, die er zurzeit noch in der Jugendstrafanstalt Plötzensee verbüßt. Seine Brüder wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Dieses Urteil des Berliner Landgerichts wurde ein Jahr später vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Zu einem neuen Prozess konnte es bislang aber nicht kommen, weil sich die Brüder inzwischen in die Türkei abgesetzt hatten, wo sie bis heute auf freiem Fuß leben.
Das könnte sich allerdings ändern. Bereits im März hatte die türkische Staatsanwaltschaft bei der Berliner Senatsjustizverwaltung ein offizielles Rechtshilfeersuchen gestellt. Danach hat die Berliner Staatsanwaltschaft umfangreiches Ermittlungsmaterial übersandt hat, wie die Justizverwaltung am 23. Juli mitteilte. Nun ermitteln türkische Behörden gegen die beiden Tatverdächtigen mit sowohl türkischer als auch deutscher Staatsbürgerschaft.
Am Tempelhof Tatort erinnert heute ein Gedenkstein, ein mächtiger Findling mit Bronzeplatte, an Hatun Sürücü. Und der von der Oberlandstraße zum Tempelhofer Feld geplante Neubau einer Brücke soll ihren Namen tragen.
Horst-Dieter Keitel / hdk
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