BVV fordert Aufstellung trotz MedienPoints, Bücherstube und Bücherboxen

Tempelhof-Schöneberg. Im Dezember hat die Bezirksverordnetenversammlung (auf Initiative der SPD-Fraktion einstimmig das Bezirksamt beauftragt, an einem geeigneten Platz einen öffentlichen Bücherschrank aufzustellen. Ein Beschluss, der für Kopfschütteln sorgt.

Der Schrank soll Lesern mit kleinem Geldbeutel zum Tauschen von Büchern dienen. Gelesene Exemplare sollen hineingelegt und andere mitgenommen werden können. Kostenlos! Zu diesem Zweck soll mit einem Freien Träger beziehungsweise einer sozialen Einrichtung zusammengearbeitet werden. Welche das sein könnten, oder wie der Bücherschrank aussieht, ist noch unklar. Klar dagegen ist, dass es in Tempelhof und in Schöneberg bereits zwei vom Berliner Kulturring betriebene und vom JobCenter unterstützte MedienPoints sowie eine Soziale Bücherstube vom Verein Agrarbörse in Tempelhof gibt. Dazu kommen zu Bücherboxen umfunktionierte Telefonzellen auf dem Tempelhofer Feld sowie im bezirksamtlichen Jugendzentrum "Villa Schöneberg", Frobenstraße 27. Das scheint bei der einstimmigen Beschlussfassung in vorweihnachtlicher Politharmonie irgendwie verdrängt worden zu sein, wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Ralf Olschewski auf Nachfrage der Berliner Woche durchklingen lässt. Er sagt jedoch: "Es schadet ja aber auch nicht." Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) sieht keine "echte Konkurrenz" zu den bestehenden Einrichtungen, hält aber MedienPoints eindeutig für die bessere Lösung. Der "paperpress"-Herausgeber und private MedienPoint-Unterstützer Ed Koch wird deutlicher: "Anstatt nun Geld, das sonst angeblich keiner hat, in neue Projekte zu stecken, sollte damit besser den bestehenden und ewig auf Spenden angewiesenen Einrichtungen auf die Sprünge geholfen werden." Tempelhofs MedienPoint-Chef Henning Hamann wertet den Beschluss als Affront und sagt: "Bei uns geben sich beispielsweise BV-Vorsteherin, Bürgermeisterin, Stadträte und andere Bezirkspolitiker die Klinke in die Hand. Alle wissen, was wir hier mühsam leisten, was uns fehlt und welche Kapazitäten noch zur Verfügung stünden - und dann so etwas?"

In Unkenntnis der Verhältnisse?

Ein Kommentar von Horst-Dieter Keitel

Lesen gilt bekanntlich als eine der wichtigsten Fähigkeiten überhaupt. Unter dieser Prämisse könnte der BVV-Beschluss auf den ersten Blick als ein starkes Stück Bildungspolitik durchgehen. Sehe ich mir allerdings das schon bestehende und ziemlich flächendeckende Angebot für kostenlosen Lesestoff an, komme ich unweigerlich zu dem Schluss, dass davon weniger die sozial benachteiligten Bürger sondern viel eher die Sozialindustrie profitieren dürfte. Außerdem dürfte sich der Wettlauf um Zweite-Hand-Medien bei einem weiteren Mitbewerber verschärfen.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass hier, von wem und weshalb auch immer, einem weiteren, mit öffentlichen Geldern geförderten Träger der Teppich ausgerollt werden soll. Andernfalls müsste ich ja davon ausgehen, dass im Rathaus Schöneberg Beschlüsse in völliger Unkenntnis der Verhältnisse gefasst werden. Das gibt’s doch gar nicht. Oder?

Horst-Dieter Keitel / hdk
Autor:

Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 1.734× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 2.408× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 2.030× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 2.402× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 3.299× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.