Sie wollte einfach nur frei leben
Erstmals erinnern Bezirke gemeinsam an Hatun Sürücü
Vor 19 Jahren wurde Hatun Sürücü von ihrem Bruder auf offener Straße ermordet. An ihrem Todestag, dem 7. Februar, legen Bürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) und sein Neuköllner Amtskollege Martin Hikel (SPD) einen Kranz nieder.
Hatun Sürücu war eine junge Frau, die selbstbestimmt leben wollte. Sie nahm dafür viel auf sich. In Berlin geboren und deutsche Staatsbürgerin mit türkisch-kurdischen Wurzeln, besuchte sie das Gymnasium. Doch ihre Eltern nahmen sie von der Schule und zwangen sie, in Istanbul einen Cousin zu heiraten. Da war Hatun 16 Jahre alt. Sie wurde Mutter eines Sohnes, kam mit der Familie ihres Mannes nicht klar und kehrte nach einem Jahr mit ihrem Kind nach Berlin zurück.
Drei Schüsse in den Kopf
Nach kurzer Zeit bei ihren Eltern zog sie in ein Heim für minderjährige Mütter, holte ihren Schulabschluss nach und suchte psychologische Hilfe. Schließlich fand sie eine eigene Wohnung in Tempelhof und machte eine Ausbildung zur Elektroinstallateurin. Am 7. Februar 2005 besuchte sie ihr jüngster Bruder Ayhan. Sie begleitete ihn ein Stück auf seinem Heimweg zur Bushaltestelle. Dort fragte der junge Mann: „Bereust du deine Sünden?“ und schoss ihr dreimal in den Kopf.
Bürgermeister Martin Hikel sagt: „Hatun Sürücü wollte nur eins: ihr gutes Recht auf ein freies Leben, in dem freien Land, in dem sie geboren wurde. Sie wagte den Schritt, aus dem ihr von der Familie vorgegebenen Rollenbild auszubrechen und musste dafür mit dem Leben bezahlen.“ „Es ist traurige Realität, dass jeden dritten Tag in Deutschland ein Femizid geschieht. Frauen werden ermordet, nur weil sie Frauen sind“, so Jörn Oltmann.
Kräfte bündeln
Bewusst erinnern Tempelhof-Schöneberg und Neukölln zum ersten Mal gemeinsam an Hatun Sürücü und wollen das auch in Zukunft tun. „Wir werden unsere Kräfte bündeln, damit unsere Gesellschaft sensibilisiert bleibt und Gewalt nicht zulässt“, betont Oltmann.
Die Kranzniederlegung findet um 11 Uhr am Gedenkstein Ecke Oberlandgarten 1/Oberlandstraße statt. Mit dabei sind die Bezirksverordnetenvorsteher, die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und Mitglieder des Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung. Als Redner erwartet werden der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Micha Klapp, Staatssekretärin für Gleichstellung.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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