Kältehilfe im Hangar 4 ist bis Ende März Anlaufstelle für Obdachlose

Thomas Drobisch und Nicole Klecha nehmen die Hilfebedürftigen bei der Kältehilfe in Empfang. In den blauen Boxen werden über Nacht unerlaubte Gegenstände gelagert. | Foto: Philipp Hartmann
3Bilder
  • Thomas Drobisch und Nicole Klecha nehmen die Hilfebedürftigen bei der Kältehilfe in Empfang. In den blauen Boxen werden über Nacht unerlaubte Gegenstände gelagert.
  • Foto: Philipp Hartmann
  • hochgeladen von Philipp Hartmann

Die Heizung aufdrehen, sich unter eine dicke Bettdecke kuscheln – für die meisten Berliner eine Selbstverständlichkeit in den Wintermonaten. Für die vielen Obdachlosen in der Stadt beginnt bei Minusgraden jedoch ein Überlebenskampf, wenn sie keinen geschützten Schlafplatz finden. Umso wichtiger sind deshalb Angebote wie die Kältehilfe.

Seit Mitte Dezember steht der Hangar 4 des 2008 stillgelegten Flughafens Tempelhof allen Hilfebedürftigen als Unterkunft für die Nacht zur Verfügung. Das Unionhilfswerk, die Tamaja GmbH und die Johanniter arbeiten dort zusammen, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Bis Ende März sind 100 Plätze vorhanden.

Wer das Angebot wahrnehmen möchte, muss sich zunächst am Eingang registrieren lassen. Alkohol, spitze Gegenstände, Waffen und Feuerzeuge müssen zum Schutz der Helfer und anderer Gäste abgegeben werden. Sie werden vorübergehend in Boxen verstaut. Security-Mitarbeiter tasten die Gäste ab, damit niemand etwas hineinschmuggeln kann. Danach bekommt jeder eine Bettnummer, Bettwäsche, Handtuch und Hygieneartikel. Daneben steht ein Sanitäter der Johanniter bereit, um die Obdachlosen auf deren Wunsch hin zu untersuchen und zu versorgen.

Nicole Klecha und Thomas Drobisch vom Unionhilfswerk koordinieren die Kältehilfe vor Ort und weisen die freiwilligen Helfer ein. „Manchmal kommt es vor, dass sich einer der Obdachlosen in der Nacht übergibt. Das müssen wir dann wegwischen“, erklärt Klecha. Dafür stehen unter anderem Mundschutz, Müllsäcke und Desinfektionsmittel bereit. Eine der Freiwilligen ist zum ersten Mal dabei und „ein bisschen aufgeregt“. Im Team spricht jemand Polnisch, ein anderer Russisch. Auf diese Weise funktioniert auch die Kommunikation mit den aus Osteuropa stammenden Obdachlosen. Die meisten verhalten sich friedlich, doch vor allem, wenn Alkohol im Spiel ist, kann es auch mal zu Streitigkeiten kommen. Auf einer Tafel neben der Registrierung steht der Hinweis, dass ein Gast wegen „Urinierens auf andere Gäste“ gesperrt wurde. Wer sich so verhält, bekommt Hausverbot.

Sogenannte Problempersonen werden ansonsten in Block C untergebracht. Block A ist den Männern vorbehalten, Block B Frauen und Paaren. Zwei Heizanlagen sorgen für eine angenehme Temperatur in der ehemaligen Flugzeughalle. Geschlafen wird auf stabilen Ausklappliegen, jeweils vier stehen direkt nebeneinander. In der Halle nebenan wurden neun Toiletten mit integrierter Dusche aufgebaut. Außerdem gibt es eine Kleiderausgabe. „Besonders gefragt sind Schuhe ab Größe 44 und Herrenunterwäsche“, sagt Thomas Drobisch.

In der Küche nebenan bekommt jeder Wasser, Kaffee oder Tee und eine warme Mahlzeit. Ein Helfer schenkt heißen Eintopf mit Reis aus. Peter hat sich mit einer Portion an einem Tisch niedergelassen. Der 54-Jährige lebt seit 16 Jahren auf der Straße und verdient sich ein bisschen Geld mit Straßenmusik. „Die Helfer machen einen guten Job und das Essen schmeckt. Alles okay“, sagt er. Die fehlende Privatsphäre sei für ihn kein Problem. „Ich habe auch schon mal im Knast gesessen, ich bin das gewöhnt. Alles ist besser, als draußen auf der Parkbank zu schlafen und zu erfrieren.“

„Man muss ein Stück weit Menschlichkeit besitzen. Die meisten Freiwilligen, die es einmal versucht haben, sagen hinterher, sie würden gern noch mehr machen“, berichtet Thomas Drobisch. Die Helfer arbeiten jeweils vier Stunden in einem Drei-Schicht-System von 19 Uhr abends bis 8 Uhr morgens. Nach dem Frühstück müssen die Hilfebedürftigen den Hangar wieder verlassen. Dann sind sie auf sich allein gestellt – bis am Abend die Kältehilfe wieder ihre Türen öffnet.

Wenn Sie das Unionhilfswerk mit Geld- oder Sachspenden oder als freiwilliger Helfer unterstützen möchten, finden Sie auf http://asurl.de/13o6 alle Informationen.
Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 102× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 54× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 466× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.063× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.