Kältehilfe im Hangar 4 ist bis Ende März Anlaufstelle für Obdachlose
Die Heizung aufdrehen, sich unter eine dicke Bettdecke kuscheln – für die meisten Berliner eine Selbstverständlichkeit in den Wintermonaten. Für die vielen Obdachlosen in der Stadt beginnt bei Minusgraden jedoch ein Überlebenskampf, wenn sie keinen geschützten Schlafplatz finden. Umso wichtiger sind deshalb Angebote wie die Kältehilfe.
Seit Mitte Dezember steht der Hangar 4 des 2008 stillgelegten Flughafens Tempelhof allen Hilfebedürftigen als Unterkunft für die Nacht zur Verfügung. Das Unionhilfswerk, die Tamaja GmbH und die Johanniter arbeiten dort zusammen, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Bis Ende März sind 100 Plätze vorhanden.
Wer das Angebot wahrnehmen möchte, muss sich zunächst am Eingang registrieren lassen. Alkohol, spitze Gegenstände, Waffen und Feuerzeuge müssen zum Schutz der Helfer und anderer Gäste abgegeben werden. Sie werden vorübergehend in Boxen verstaut. Security-Mitarbeiter tasten die Gäste ab, damit niemand etwas hineinschmuggeln kann. Danach bekommt jeder eine Bettnummer, Bettwäsche, Handtuch und Hygieneartikel. Daneben steht ein Sanitäter der Johanniter bereit, um die Obdachlosen auf deren Wunsch hin zu untersuchen und zu versorgen.
Nicole Klecha und Thomas Drobisch vom Unionhilfswerk koordinieren die Kältehilfe vor Ort und weisen die freiwilligen Helfer ein. „Manchmal kommt es vor, dass sich einer der Obdachlosen in der Nacht übergibt. Das müssen wir dann wegwischen“, erklärt Klecha. Dafür stehen unter anderem Mundschutz, Müllsäcke und Desinfektionsmittel bereit. Eine der Freiwilligen ist zum ersten Mal dabei und „ein bisschen aufgeregt“. Im Team spricht jemand Polnisch, ein anderer Russisch. Auf diese Weise funktioniert auch die Kommunikation mit den aus Osteuropa stammenden Obdachlosen. Die meisten verhalten sich friedlich, doch vor allem, wenn Alkohol im Spiel ist, kann es auch mal zu Streitigkeiten kommen. Auf einer Tafel neben der Registrierung steht der Hinweis, dass ein Gast wegen „Urinierens auf andere Gäste“ gesperrt wurde. Wer sich so verhält, bekommt Hausverbot.
Sogenannte Problempersonen werden ansonsten in Block C untergebracht. Block A ist den Männern vorbehalten, Block B Frauen und Paaren. Zwei Heizanlagen sorgen für eine angenehme Temperatur in der ehemaligen Flugzeughalle. Geschlafen wird auf stabilen Ausklappliegen, jeweils vier stehen direkt nebeneinander. In der Halle nebenan wurden neun Toiletten mit integrierter Dusche aufgebaut. Außerdem gibt es eine Kleiderausgabe. „Besonders gefragt sind Schuhe ab Größe 44 und Herrenunterwäsche“, sagt Thomas Drobisch.
In der Küche nebenan bekommt jeder Wasser, Kaffee oder Tee und eine warme Mahlzeit. Ein Helfer schenkt heißen Eintopf mit Reis aus. Peter hat sich mit einer Portion an einem Tisch niedergelassen. Der 54-Jährige lebt seit 16 Jahren auf der Straße und verdient sich ein bisschen Geld mit Straßenmusik. „Die Helfer machen einen guten Job und das Essen schmeckt. Alles okay“, sagt er. Die fehlende Privatsphäre sei für ihn kein Problem. „Ich habe auch schon mal im Knast gesessen, ich bin das gewöhnt. Alles ist besser, als draußen auf der Parkbank zu schlafen und zu erfrieren.“
„Man muss ein Stück weit Menschlichkeit besitzen. Die meisten Freiwilligen, die es einmal versucht haben, sagen hinterher, sie würden gern noch mehr machen“, berichtet Thomas Drobisch. Die Helfer arbeiten jeweils vier Stunden in einem Drei-Schicht-System von 19 Uhr abends bis 8 Uhr morgens. Nach dem Frühstück müssen die Hilfebedürftigen den Hangar wieder verlassen. Dann sind sie auf sich allein gestellt – bis am Abend die Kältehilfe wieder ihre Türen öffnet.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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