Selbstbestimmt mobil sein
Verein KidBike bietet Mädchenfahrradwerkstatt im Hangar 1 an

Inia Steinbach (r.) und Pauline Fichtner leiten die geflüchteten Frauen an. Im Winter nutzen nur wenige das Angebot. Im Sommer gibt es dagegen sogar eine Warteliste. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Inia Steinbach (r.) und Pauline Fichtner leiten die geflüchteten Frauen an. Im Winter nutzen nur wenige das Angebot. Im Sommer gibt es dagegen sogar eine Warteliste.
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Wie flicke ich ein Loch im Schlauch? Wie repariere ich einen Bremszug? Welches Werkzeug nehme ich wofür und wie? Pauline Fichtner und Inia Steinbach wissen, wie es geht, und bringen es anderen Frauen bei. In der Mädchenfahrradwerkstatt im Flughafen Tempelhof werden einmal pro Woche Räder wieder fahrtauglich gemacht.

Im Hangar 1 sieht es nach Arbeit aus. Der Teppichboden ist mit Ölflecken übersät. An der Wand hängen Schraubenschlüssel jeder Größe. Ersatzteile liegen verstreut auf einer Bierbankgarnitur. In der hinteren Ecke der Werkstatt wartet ein gutes Dutzend Fahrradleichen auf eine Reparatur. Inia Steinbach räumt einen Stapel Felgen zur Seite, um die neuen Spenden genauer in Augenschein zu nehmen.

„Manche sind total verrostet. Da ist nichts mehr zu machen. 90 Prozent aber machen wir wieder fit. Die Ansprüche sind nicht zu hoch“, erzählt sie. „Die Gänge müssen funktionieren und das Rad muss verkehrssicher sein.“ Als der Verein KidBike, der finanziell zum großen Teil von der Kinderhilfsorganisation „terre des hommes“ gefördert wird, das Angebot 2017 startete, sei alles improvisiert gewesen. „Wir hatten keinen Raum, sondern nur einen Ziehkoffer mit Ersatzteilen“, berichtet Inia Steinbach.

Die Studentin der Bildenden Künste arbeitet als freiberufliche Anleiterin für KidBike. Kunststudentin Pauline Fichtner lernte bereits in einer Ausbildung, wie verwahrloste Fahrräder wieder aufgepeppt werden. Einmal pro Woche stehen sie mit Rat und Tat zur Seite. Im Winter nutzen nur wenige das Angebot. Im Sommer gibt es dagegen sogar eine Warteliste. „Mir macht es total viel Spaß, mit Frauen zusammenzuarbeiten. Ich möchte sie ermutigen, handwerklich etwas zu machen“, erklärt Inia Steinbach ihre Motivation. Manchmal kämen drei Generationen auf einmal: Mutter, Tochter und Großmutter. „Wenn sie Rad fahren, blühen sie richtig auf. Sie sind sehr dankbar“, sagt Pauline Fichtner.

Begonnen hat KidBike im Flughafen Tempelhof, als sich dort noch das Ankunftszentrum für Geflüchtete befand. 2017 wurden, finanziert von der Verkehrslenkung Berlin, Fahrsicherheitstrainings für Kinder organisiert. Weil viele auch außerhalb der Trainingseinheiten in ihrer Freizeit Rad fahren wollten, entwickelte der Verein ein neues Angebot. Es entstand die Mädchenfahrradwerkstatt. Heute können alle Frauen, nicht nur geflüchtete, kommen, um das eigene Fahrrad unter Anleitung zu reparieren. Später sollen sie es auch ohne Hilfe schaffen, denn oft wissen sie nicht, wie lange sie in Berlin bleiben. Die Kommunikation mit den Geflüchteten funktioniere manchmal nur mit Händen und Füßen, gibt Inia Steinbach zu. „Kinder verstehen aber immer sehr schnell. Es gab schon welche, die gesagt haben, dass sie auch mal Fahrradmechanikerin werden wollen“, freut sie sich. Die meisten Besucherinnen sind noch nicht im Besitz eines Rads. „Wir suchen ihnen dann ein von der Größe her passendes heraus, das ihnen aber auch gefallen muss“, so Projektleiterin Diana Greim. Das Fahren lernen die Frauen im Hangar nicht. Sie werden jedoch an die richtigen Stellen, wie Verkehrsschulen oder den Verein „#Bikeygees“, vermittelt. Neben einem kostenlosen Rad bekommen sie ein Schloss, einen Helm und einen Fahrradpass. So können sie bei einer Kontrolle nachweisen, woher das Rad kommt.

Wer die Mädchenfahrradwerkstatt, Zugang über Columbiadamm 10, mit einem Rad oder Ersatzteilen unterstützen möchte, findet auf http://kidbike.de/ alle Informationen. Den Verein erreicht man auch unter Telefon 98 38 92 26. Geöffnet ist die Werkstatt immer dienstags von 16 bis 18 Uhr. Vertreten ist der Verein auch bei der VELOBerlin am 18. und 19. April im Flughafen.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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