Standort an der Götzstraße muss wohl der Neuen Mitte weichen
Zukunft des Pfadfinderheims ist bedroht
Die Pläne zur Neuen Mitte krempeln Tempelhof in den kommenden Jahren gehörig um. Stadtbibliothek, Schwimmbad und Polizeiwache werden in der Götzstraße neu entstehen. Andere müssen dafür weg. Und im Falle des Pfadfinderheims stellt sich die Frage: Trifft es hier nicht die Falschen?
Noch läuft der Pachtvertrag bis Sommer 2021, doch Lena Knote (35) ahnt schon, dass es danach nicht weitergehen wird. Eine Mitarbeiterin des Bezirksamts habe ihr bereits den Tipp gegeben, in den Gutshof besser nicht mehr zu investieren, erzählt die Pfadfinderin. Der kam jedoch zu spät, denn gerade erst wurde mit einer Spende von 26 000 Euro die Fassade saniert. Die Bezirkspläne für den Standort scheinen noch nicht endgültig festzustehen. Dass in den Unterlagen der „Planergemeinschaft für Stadt und Raum eG“, die Lena Knote vorliegen, jedoch bereits die Abrisskosten kalkuliert wurden, macht ihr Angst. Ein anderer Standort sei nicht in Sicht. „Uns ist keine Alternative bekannt“, so Knote. Ihr Gelände in der Götzstraße 30-32 wird wohl für dringend benötigte Kitaplätze und eine Jugendfreizeiteinrichtung umgewandelt. Dabei ist der Deutsche Pfadfinderbund als förderungswürdiger Träger der freien Jugendhilfe landesweit anerkannt. Zudem habe der Bezirk signalisiert, die ehrenamtliche Arbeit zu schätzen.
Seit 2007 ist das Areal des ehemaligen Grünflächenamts Heimat für die Mädchengruppe „Hag Jeanne d'Arc“ und die Jungengruppe „Jungenschaft Jonathan“ des Pfadfinderbunds. Im Dezember 2016 kam der „Berliner Orden des Zugvogel“ dazu. Insgesamt nutzen 130 junge Menschen den Ort, den sie ihren Gutshof nennen. Dafür waren anfangs aufwendige Arbeiten erforderlich. Die versiegelte Fläche musste aufgebrochen und begrünt werden. Auf dem 4500 Quadratmeter großen Grundstück befindet sich heute ein Gebäude mit Versammlungsräumen, einer voll ausgestatteten Küche und Sanitäranlagen. Außerdem gibt es einen Geräteschuppen, ein Materiallager, eine Werkstatt für Holz- und Metallarbeiten, mehrere ausgebaute Bauwagen und eine selbstgezimmerte Grillhütte. Mehr als 11 000 Arbeitsstunden hätten sie investiert, erklärt Lena Knote.
Kinder und Jugendliche lernen Zelte aufbauen, Feuer machen und Knoten binden. In ihren Gruppen treffen sie sich zum Singen und Musizieren, zu Sport und Gesellschaftsspielen. Sie kochen, organisieren Lager und Reisen. Unabhängig von Herkunft, Glaube und sozialer Stellung werden bei den Pfadfindern ein bewusster Umgang mit der Natur, Förderung des selbstständigen Denkens sowie ein tolerantes Miteinander gelehrt. Helena Gutmann (26) hat sich 2006 angeschlossen. „Es ist ein perfekter Ausgleich zum stressigen Berlin-Alltag und ein toller Rückzugsort in der Natur hier. Ich will das nicht missen“, erklärt sie. Dass ihr Standort wohl keine Zukunft habe, macht sie traurig. „Man ist hier ein ganz anderer Mensch. Ich verstehe mich mit allen gut und habe die Freiheit zu machen, was ich möchte“, sagt der 14-jährige Nino Bruno. Tobias Schlegel (28) fand es vor allem „cool“, Feuer zu machen und selbstbestimmt zu handeln. Für Simone Euler (23) sind vor allem die Zeltlager und Erfolgserlebnisse in der Gemeinschaft bedeutend.
Die Pfadfinder wollen um die Zukunft des Gutshofs kämpfen. Die jüngsten von ihnen haben extra Briefe an die Bürgermeisterin geschrieben, die das Areal 2007 übergab. Eine Antwort haben sie bisher nicht bekommen. Generell seien sie bislang überhaupt nicht informiert worden. Beim Sommerfest am 8. September ab 14 Uhr mit Bogenschießen, Kistenklettern und Spielen wollen sie erneut auf ihre Situation aufmerksam machen. „Wir hätten gern einen Ort, an dem wir dauerhaft bleiben können“, sagt Lena Knote.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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