Vom Lkw aufs Lastenrad und dann zum Händler
Ein Micro-Hub soll helfen, Lärm und Abgase auf dem Tempelhofer Damm und in seiner Umgebung zu mindern
Mehr als 40 000 Autos befahren Tag für Tag den Tempelhofer und Mariendorfer Damm – unter ihnen viel Lieferfahrzeuge. Um ihre Zahl zu vermindern, gibt es seit dem 1. Oktober ein sogenanntes Micro-Hub auf dem P+R-Parkplatz am S- und U-Bahnhof Tempelhof.
„Hub“ ist ein Ausdruck aus der Telekommunikation und bedeutet so viel wie „Knotenpunkt“. Und genau als solcher soll das rund 80 Quadratmeter große Gebäude auch dienen. Das Prinzip: Lieferdienste deponieren hier ihre Pakete, Lastenfahrräder übernehmen die Feinverteilung. So sollen Lärm, Abgase, Halten in zweiter Reihe und Staus reduziert werden.
Den Ausschlag für das Pilotprojekt, das vorerst vier Jahre lang laufen wird, gab nicht nur der zunehmende Verkehr, sondern auch die Tatsache, dass Paketzustellungen seit Jahren zunehmen. Eine Sendung wiegt im Schnitt acht Kilogramm, ein Cargo-Bike kann bis zu 250 Kilogramm transportieren. So schafft es ein Radfahrer pro Tour, rund 30 Pakete auszuliefern – deutlich mehr als nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Martina Marijnissen, Leiterin der bezirklichen Wirtschaftsförderung, freut sich, dass mit dem Parkplatz ein perfekter Standort für das Micro-Hub gefunden wurde – direkt an der Stadtautobahn, unkompliziert erreichbar für Lkw und Transporter. Das kleine Warendepot bilde zwar nur einen von mehreren Bausteinen, um der Blechlawine auf Tempelhofs Hauptachse zu begegnen, aber einen wichtigen, sagt sie. Ein großer Vorteil sei, dass genaue Termine mit Anlieferern vereinbart werden können. „Die kommen dann zum Beispiel, wenn nicht so viel auf den Straßen los ist, werfen ihre Ladung ab und müssen nicht durch den ganzen Bezirk fahren“, sagt sie.
Bisher konnten zwei Lieferdienste für das Projekt gewonnen werden, außerdem können Händler aus der Region gelieferte Lebensmittel selbst abholen. Im Micro-Hub ist es nämlich auch möglich, gekühltes Gemüse, Fleisch und ähnliches zu lagern. Es sind vor allem Geschäftsleute, die künftig ihre Waren per Lastenfahrrad vor die Tür gebracht bekommen. „Aber grundsätzlich sind wir für alle offen“, so Marijnissen. Sie fände es toll, auch große Player wie Amazon für das Projekt zu gewinnen.
Das sieht Meike Niedbal vom Projekt „Smart City“ der Deutschen Bahn genauso: „Unser Ziel ist es, innerhalb der nächsten vier Jahre möglichst viele weitere Logistikpartner an Bord zu holen.“ Ihr ist auch wichtig, dass das Mikro-Hub gut aussieht und ein nachhaltiger Bau ist. So werden die Waren in wiederverwendbare Seecontainern gepackt, die Fassade des Häuschens besteht aus unbehandeltem Lärchenholz, eine Solaranlage mit Batteriespeicher liefert Strom für die LED-Beleuchtung und den Internetzugang.
Das Micro-Hub ist Teil eines Forschungsprojekts des Bundesverkehrsministerium. Es hat für die vier Jahre rund 44 000 Euro Fördermittel zur Verfügung gestellt, der Bezirk schießt knapp 20 000 Euro zu und stellt den Parkplatz kostenfrei zur Verfügung. Neben der Deutschen Bahn dabei sind die Unternehmer-Initiative Tempelhofer Damm, die Berliner Agentur für Elektromobilität, die Fairsenden GmbH, das Unternehmen Marktschwärmer und die Zukunftsangelegenheiten GmbH.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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