„Die Verwaltung ist unwillig“
Fahrradaktivist Jens Blume über den Durchgangsverkehr in der Gartenstadt

Jens Blume in der Manfred-von-Richthofen-Straße, wo im Berufverkehr unzählige Fahrzeuge zur Umfahrung des Staus auf dem Te-Damm unterwegs sind. | Foto: Foto: Philipp Hartmann
  • Jens Blume in der Manfred-von-Richthofen-Straße, wo im Berufverkehr unzählige Fahrzeuge zur Umfahrung des Staus auf dem Te-Damm unterwegs sind.
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Am 17. Oktober hat die Bezirksverordnetenversammlung einen SPD-Antrag beschlossen, um in Zukunft den Durchgangsverkehr in der Gartenstadt Neu-Tempelhof zu unterbinden. Das Gebiet zwischen Tempelhofer Damm und Manfred-von-Richthofen- sowie Boelckestraße soll dafür mittels Pollerreihen verkehrstechnisch in vier Zonen aufgeteilt werden.

Darüber sprach Berliner-Woche-Reporter Philipp Hartmann mit Jens Blume (32) vom Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg. Er ist Vater zweier Töchter, täglich mit dem Rad unterwegs und wohnt selbst in der Gegend.

Wie haben Sie den BVV-Beschluss aufgenommen?

Jens Blume: Den begrüße ich sehr. Es werden jetzt sogenannte modale Filter verbaut, die den Durchgangsverkehr aus den Wohnvierteln herausnehmen und unmöglich machen, aber den Rad- und Fußverkehr nicht beeinträchtigen. Noch ein wenig besser fänden wir vom Netzwerk natürlich eine Fahrradstraße durch die Manfred-von-Richthofen-Straße, aber so ist das erstmal schon eine sehr gute Lösung.

Wie erleben Sie persönlich den täglichen Durchgangsverkehr?

Jens Blume: Mit dem Rad wird man als Behinderung des Motorverkehrs wahrgenommen und oft bedrängt. Von hinten kommen schnelle Fahrzeuge, die nicht warten wollen. Man wird teilweise angehupt, weil man nicht zur Seite fährt – wobei sicheres Überholen überhaupt nicht möglich ist – und auch sehr oft geschnitten. Hier in den Anwohnerstraßen würde ich meine Kinder selber nicht Fahrrad fahren lassen. Das ist viel zu gefährlich.

Geht Ihnen der Beschluss weit genug oder wäre damit aus Ihrer Sicht nur der Anfang gemacht?

Jens Blume: Wenn wir das im Gesamtkontext der Verkehrswende in Berlin betrachten, kann das nur ein Anfang sein. Natürlich wollen nicht nur die Menschen hier im Fliegerviertel vor Lärm, Abgasen und Rasern geschützt werden, sondern alle Menschen in Berlin. Wir sehen hier schon die Gefahr, dass, wenn jetzt das Fliegerviertel verkehrsberuhigt wird, sich dann ein erheblicher Anteil des Verkehrs auf die Boelckestraße verlagert. Viele möchten zur Autobahn – und da ist eine Möglichkeit, über die Boelckestraße und durch den Boelcketunnel zu fahren. Ich sehe das schon problematisch. Das ist eine zweispurige Achse in beide Richtungen, die auch zum Rasen einlädt. Dort müssten dringend geschützte Radverkehrsanlagen geschaffen und der Bereich für den motorisierten Individualverkehr meinetwegen auf eine Fahrspur verkleinert werden, damit sich dort nicht die Riesenverkehrsströme entlangwälzen.

Laut Stadträtin Christiane Heiß könnten 2019 höchstens Planung und Machbarkeitsstudie für die Pollerreihen durchgeführt werden. Diese kämen, wenn überhaupt, frühestens 2020. Was halten Sie von diesem Zeitplan?

Jens Blume: Frau Heiß hat ihre Verwaltung, die extrem träge ist, nicht im Griff, kann dort nicht durchgreifen. Es werden ständig alle möglichen Verhinderungsgründe genannt, warum bestimmte Maßnahmen nicht zügig zu realisieren sind. Wir haben so viele gute BVV-Beschlüsse, die aber nicht umgesetzt werden.

Was glauben Sie, ist das Hauptproblem?

Jens Blume: Eine unwillige Verwaltung, die der Verkehrswende nicht positiv gesonnen ist, und eine Person mit mangelnder Führungskompetenz an der Spitze.

Wie wird Ihr Netzwerk die Thematik weiter begleiten?

Jens Blume: Wir werden weiterhin öffentlichen Druck machen, immer wieder auf problematische Bereiche hinweisen. Und unsere Taktik ist es, unangenehmer zu sein, als Beschlüsse einfach auszusitzen.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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