Coronavirus bedroht Traditionsläden
Denis und Darko Pencinger bangen um ihre Fußballkneipe „Bose Eck“
Die Hähne der Zapfanlage, aus der sonst literweise frisches Bier strömt, bleiben zu. An den Tischen, wo gewöhnlich die Stammgäste sitzen, sind die Stühle hochgestellt. Wie alle Kneipen in der Stadt ist auch das „Bose Eck“ wegen der Corona-Pandemie gerade geschlossen.
Ausgerechnet jetzt, da die Bundesliga-Saison normalerweise in ihre entscheidende Phase gehen und die Europameisterschaft bald bevorstehen würde, darf die traditionsreiche Fußballkneipe an der Ecke Manteuffel- und Bosestraße keine Gäste empfangen. Die EM ist mittlerweile auf 2021 verschoben worden. Wann der Ball in der Bundesliga wieder rollt, ist unklar. Für Betreiber Denis Pencinger (28) eine schwierige Situation, denn vor allem, wenn Hertha BSC spielt, ist sein Gastraum voll. Er selbst ist großer Hertha-Fan. Als er Wirtschaftswissenschaften studierte, arbeitete er nebenbei in einem Fanshop. Außerdem hat er „eine ganze Trikotsammlung zu Hause“, wie er sagt.
Dass der Fußball im Moment Pause macht, ist jedoch sein geringstes Problem. „Wir haben auch ein Geschäft ohne Fußball. Zum Beispiel kommen gern Skatspieler zu uns“, erzählt er. Seit dem 14. März nimmt er jedoch keinen einzigen Cent mehr ein. Im Gegensatz zu Restaurants, die zumindest noch einen Lieferservice anbieten können, darf das „Bose Eck“ als Raucherkneipe gar nichts machen. Zudem hat Denis Pencinger erst im vergangenen Jahr, als er den Laden von seinem Vater Darko übernahm, seine gesamten Ersparnisse in die Renovierung gesteckt.
Die Arbeit geht trotz Schließung weiter
Die Decke und der Boden wurden erneuert, die Sanitäranlagen komplett saniert, die Lüftung ausgetauscht und der Tresen verschönert. „Wir haben den Alt-Berliner Charme mit moderner Technik verbunden“, meint er. Auch während der Schließung geht die Arbeit weiter. So will er beispielsweise die Küche streichen. „Normalerweise hast du als Gastronom nie Zeit“, sagt Denis Pencinger. Jetzt habe er sie gezwungenermaßen. Und obwohl er die Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie für richtig hält, würde er sich natürlich jetzt viel lieber wieder um seine Gäste kümmern.
„Man darf niemals aufgeben, muss immer kämpfen. Jeder Tag zählt“, sagt Darko Pencinger (55). 2011 übernahm der gelernte Barkeeper, der in den 80er-Jahren aus Kroatien nach Deutschland kam, die Kneipe. Es sei für ihn die Rückkehr zu seiner alten Liebe gewesen, nachdem er zuvor auf dem Bau gearbeitet hatte. Das „Bose Eck“, auf das durch Zufall aufmerksam wurde, war für ihn wie gemacht. „Ich wollte kein Schickimicki“, erklärt er. Sein Sohn half von Beginn an mit. „Seine Liebe für die Gastronomie hat auch meine entfacht“, berichtet Denis Pencinger. Jeder Tag mit den Gästen sei ein Erlebnis. „Ich bin immer happy gewesen wegen der Leute.“ Seit 2019 trägt er nun die volle Verantwortung für das Geschäft und sein Vater unterstützt ihn.
Hilfe durch Gutscheine
Wie lange das „Bose Eck“ ohne Einnahmen noch durchhalten kann, wissen sie nicht. „Ich mache mir nicht so viele Gedanken wegen Corona“, betont Denis Pencinger. Geholfen habe ihm die Soforthilfe vom Staat. Bei der Investitionsbank Berlin stellte er am 29. März „in einer schlaflosen Nacht“, wie er berichtet, einen Antrag, um weiterhin für die Fixkosten aufkommen zu können. Bereits zwei Tage später sei das Geld auf dem Konto gewesen. „Das ging schnell und unkompliziert“, lobt er.
Selbst für den Fall, dass die Kneipe bis Juni geschlossen bleiben müsste, fühle er sich dadurch erst einmal sicher. Dennoch versucht er, auch auf anderen Wegen Unterstützung zu bekommen. Ende März hat sich Pencinger auf dem Onlineportal „Helfen.Berlin“ registriert. Dort können Berliner Gutscheine für ihre Lieblingsgeschäfte kaufen, die sich später einlösen lassen. Das Geld wird jedoch sofort überwiesen. Eine vierstellige Summe sei bereits zusammengekommen, berichtet der Betreiber. „Daran sieht man, wie sehr uns unsere Stammgäste schätzen.“ Denis Pencinger ist auch deshalb zuversichtlich, dass seine Kneipe die Krise übersteht. Im Hinterkopf hat er bereits eine große Jubiläumsparty. 2021 wird das „Bose Eck“ 100 Jahre alt.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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