Im Reich der scharfen Klingen
Regierender Bürgermeister Michael Müller besucht Gillette-Werk
Am Eingang wird der Besucher von einem mit Rasierschaum eingeschmierten Buddy-Bären begrüßt. Daneben prangt der Spruch „Wir machen Sieger. Berlin, Hauptstadt der Klinge“ an der Wand. Damit ist klar, worum es im Gillette-Werk an der Oberlandstraße geht.
Das zum Konzern „Procter & Gamble“ gehörende Unternehmen aus Boston (USA) fertigt dort nach eigener Aussage die „schärfsten Rasierklingen der Welt“. Weil diesen Monat das neueste Produkt auf den Markt kommt, hat Gillette den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) zu einer Tour durch die Produktionsstätten eingeladen. Hinter den Mauern eines alten Backsteingebäudes direkt an der Stadtautobahn verbirgt sich ein Labyrinth aus modernen Maschinen. Diese wurden, wie Werksleiter Stefan Brünner erklärt, vom Unternehmen selbst entwickelt und gebaut und sind Betriebsgeheimnis. Medienvertreter müssen daher ihre Kameras ausschalten.
Beim Rundgang geht es durch die Klingenfertigung, das Herzstück des Werks, die Endmontage, wo die fertigen Rasierer vom Band gehen, und das Kreativitäts- und Ausbildungszentrum. Dort durchlaufen derzeit 26 Männer und eine Frau ihre Ausbildung. Zehn von ihnen werden Mechatroniker. Im Anschluss sollen alle direkt übernommen werden. Zur Tempelhofer Belegschaft gehören 800 Mitarbeiter aus 14 Nationen, die durchschnittlich 18 Jahre im Betrieb bleiben. „Ich war schon öfter hier in den letzten Jahren. Das ist wirklich ein Traditionsbetrieb für Berlin und auch für Tempelhof“, sagt Michael Müller. Tatsächlich fertigt Gillette bereits seit mehr als 80 Jahren am jetzigen Standort. Er wurde 1937 eröffnet, elf Jahre nach der Übernahme der Berliner Firma „Roth und Büchner“, die ebenfalls Klingen herstellte.
„Made in Berlin“ soll auch in Zukunft Teil des Unternehmens sein. Seit Herbst 2018 wirbt Gillette mit dieser zentralen Aussage auch in einem TV-Werbespot, in dem das Tempelhofer Werk zu sehen ist. Mehr als die Hälfte aller Premium-Rasierer weltweit werden hier produziert. Abnehmer gibt es in Europa, Asien und Afrika. Gearbeitet wird im Drei-Schicht-System fünf Tage die Woche. In dieser Zeit stehen die Maschinen niemals still. In den neuesten Rasierer seien sechs Jahre Arbeit investiert worden, erklärt der Werksleiter. Zehntausende Männer seien für die Entwicklung zur Proberasur eingeladen und nach ihrer Meinung befragt worden. Ein enormer Aufwand.
Um gegen die große Konkurrenz zu bestehen und den laut Stefan Brünner „beschleunigten digitalen Wandel der industriellen Produktion“ mitzugehen, kooperiert Gillette mit zwölf Berliner Start-Ups. „Dieses aktive Suchen nach Partnerschaften, dieses Vernetzen mit der Gründerszene, mit dem ganzen Technologiestandort Berlin, spielt hier offensichtlich auch eine Rolle“, erklärt Michael Müller. Er lobt das Werk daher als gutes Beispiel dafür, was die Hauptstadt ausmache. Es sei wichtig für Berlin, nicht nur als Kulturstandort wahrgenommen zu werden, sondern auch die Industrie in der Stadt zu halten. Angelika Schöttler freut sich vor allem über die Arbeits- und Ausbildungsplätze, womit Gillette gut zum Bezirk passe.
Den neuesten Rasierer „Skinguard“ hat sich Müller derweil noch nicht gesichert. Er habe aber ein anderes Gillette-Modell. „Ich rasiere auch noch richtig mit Schaum, also mit Rasierseife, Pinsel und Anrühren“, so der Regierende Bürgermeister.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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