Kunst im Tabaktrockenspeicher: Schweizer Architekturbüro baut Museum des 20. Jahrhunderts
Tiergarten. Der Wettbewerb um den Neubau der Neuen Nationalgalerie am Kultuforum ist entschieden. Gewonnen haben ihn die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron.
Eine Jury aus Sach- und Fachpreisrichtern unter Vorsitz des Architekten Arno Lederer entschied sich für den Entwurf der Schweizer. Das Basler Büro, das zuletzt den Erweiterungsbau für die Tate Modern in London realisiert hat, wird gemeinsam mit Vogt Landschaftsarchitekten aus Zürich den wichtigsten neuen öffentlichen Kulturbau Berlins errichten.
Herzog & de Meuron setzten sich in dem Realisierungswettbewerb gegen das Kopenhagener Büro Lundgaard & Tranberg und die Berliner Architektengemeinschaft Bruno Fioretti Marquez durch. Diese gewannen zweite und dritte Preise. Insgesamt hatten sich 40 Büros am Wettbewerb beteiligt. Ein Büro zog seine Teilnahme zurück, ein anderes reichte keinen Entwurf ein.
Der Entwurf der Schweizer wird für Diskussionen sorgen. Sie selbst sprechen in ihren Erläuterungen von einem „Haus aus Backstein“ für die Kunst des 20. Jahrhunderts und stellen die rhetorische Frage, ob es eine Lagerhalle, eine Scheune, eine Bahnhofshalle oder ein Tempel „mit den exakt gleichen Giebelformen wie die Alte Nationalgalerie von August Stüler“ sei.
Beim Betrachten der Entwurfszeichnung begegnet einem die bekannte schlichte Architektur von Herzog & de Meuron. Im Berliner Fall will man gar von Nicht-Architektur sprechen. Sie passe aber zum Bau der Neuen Nationalgalerie nebenan. Den hatte Ludwig Mies van der Rohe ursprünglich nicht für den Kunsttempel an der Potsdamer Straße, sondern für den Verwaltungssitz eines Konzerns in Havanna konzipiert. Herzog & de Meurons Museum des 20. Jahrhunderts erinnert sich dieser Geschichte und baut einen kubanischen Tabak-Trockenspeicher.
Im Innern des gigantischen Speichers kreuzen sich zwei Straßen. Ein „Nord-Süd-Boulevard“ soll unterirdisch von der Philharmonie zur Neuen Nationalgalerie führen. Über die Straßen erschließen sich die in vier Quadranten angesiedelten Museumsräume. Im nordöstlichen Quadranten mit der denkmalgeschützten Platane sind ein Café und ein Restaurant geplant.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), Initiatorin des Museumsprojekts, für das der Bundestag 200 Millionen Euro bewilligte, spricht von einem „grandiosen Entwurf“, der der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts eine „angemessene Heimat“ geben werde.
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, glaubt, das Basler Büro werde „erneut Museumsarchitekturgeschichte schreiben“. Ihr Entwurf passe sich vorzüglich zwischen die beiden "Diven" von Mies van der Rohe und Hans Scharoun ein. Der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Michael Eissenhauer, meint, der Neubau eröffne der Kunst „ganz neue Freiräume“. Und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher schwärmt, das Haus von Herzog & de Meuron sei nicht nur Museum, sondern ein offener Ort im Herzen Berlins, „ein Treffpunkt und Begegnungsort auch für Nichtmuseumsgänger“. Das Kulturforum werde „in seiner Einzigartigkeit vollendet“. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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