Soviel Mies wie möglich: Sanierung der Neuen Nationalgalerie geht in die zweite Phase
Tiergarten. Die 110 Millionen Euro teure Rundumsanierung der Neuen Nationalgalerie hat eine entscheidende Phase erreicht.
In einem ersten Bauabschnitt, der 2016 begonnen hat und kürzlich abgeschlossen werden konnte, wurden alle vorhandenen Schadstoffe beseitigt und rund 35.000 Einzelteile demontiert und nummeriert eingelagert. Dazu gehören die voluminösen Aluminiumdeckengitter und die hochwertigen Brown-Oak-Holzpanele der Garderoben und andere Holzeinbauten genauso wie die rund 3500 Deckeneinbauleuchten bis hin zu den 14.000 Granitplatten, die sich etwa an der Sockelfassade, auf der Terrasse, in der oberen Ausstellungshalle oder im Untergeschoss befanden. Sie alle werden in einer weiteren Bauphase wieder an ihren ursprünglichen Ort verbracht.
Nun steht die Architekturikone von Weltrang am Kulturforum als Rohbau da. Die nackte Neue Nationalgalerie ist bereit für eine grundlegende Instandsetzung. „Die Talsohle ist durchschritten. Jetzt feiern wir Bergfest“, sagt der oberste Bauherr Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. „Am Ende werden wir ein Haus zurückgewinnen, das die grandiose Architektur wieder zum Leuchten bringt, aber auch einen zeitgemäßen Service für die Besucher bietet.“ Damit sind unter anderem eine größere Garderobe und ein eigener Raum für die Museumsbuchhandlung gemeint.
Vor dem Gebäude, an der Potsdamer Straße und später für die Besucher nicht sichtbar, entsteht ein neues Depot für die über 1400 wertvollen und einzigartigen Gemälde und Skulpturen, die nach der Schließung des Hauses Ende 2014 ausgelagert werden mussten.
In der nun angelaufenen zweiten Phase geht es darum, die von Fraß befallenen Stahlbetonwände und -decken, eine typische Erscheinung an Bauwerken der 60er-Jahre, zu sanieren. Gleichzeitig wird das Dach der Ausstellungshalle abgedichtet.
Eine ganz besondere Aufgabe ist die Instandsetzung der Stahl-Glas-Fassade der sichtbaren Ausstellungshalle, einer Fläche von insgesamt 1600 Quadratmetern. Die notwendigen riesigen Glasscheiben werden derzeit nur in einem Werk in China produziert. Erste Muster habe die Firma bereits vorgestellt, erklärt Bauleiter Kai Maibohm vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, das die Preußenstiftung bei dem Vorhaben vertritt. So könnten die Arbeiten an der Fassade in Kürze beginnen. Bundesamtspräsidentin Petra Wesseler betont, dass bei der Neuen Nationalgalerie denkmalpflegerische Belange mit den heutigen Anforderungen an ein Museum in Einklang zu bringen seien und es gleichzeitig gelte, das architektonische Erbe des Architekten Mies van der Rohe zu wahren. „Soviel Mies wie möglich für die nächsten 50 Jahre“, will Kai Maibohm erreichen.
„Es wird sehr gut gemacht“, sagt der 79-jährige Architekt Dirk Lohan. Der Enkel Mies van der Rohes war seinerzeit Projektleiter für den Bau der Neuen Nationalgalerie und achtet jetzt darauf, dass Ästhetik und Architektur des Bauwerks bewahrt bleiben. Den Entwurf für die aktuelle Sanierung lieferte Starachitekt David Chipperfield.
In einer dritten und letzten Phase erfolgt der Ausbau des Gebäudes. Es erhält eine komplett neue technische Ausrüstung: Fußbodenheizung, Raumlufttechnik, Grundleitungssysteme. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung plant die Fertigstellung für 2019. Die Wiedereröffnung der Neuen Nationalgalerie ist für 2020 vorgesehen. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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