Beten darf nicht den Schulfrieden gefährden
Senatorin Katharina Günther-Wünsch verschickt Rundschreiben zur Zulässigkeit religiöser Gebete

Am Gymnasium Tiergarten an der Altonaer Straße wollen muslimische Schüler in Pausen beten. | Foto:  Dirk Jericho
  • Am Gymnasium Tiergarten an der Altonaer Straße wollen muslimische Schüler in Pausen beten.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Hendrik Stein

Mit dem Nahostkonflikt und den propalästinensischen Protesten sind die Schulen vermehrt mit dem Thema religiöser Gebete konfrontiert. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat ein Rundschreiben an die Schulen verschickt, wie sie reagieren sollen.

An etlichen Schulen wollen mehr und mehr muslimische Schüler beten. Schulleiterin Ariane Lingnau vom Gymnasium Tiergarten hat bereits im November in einem Elternbrief darüber informiert, dass seit den Herbstferien muslimische Schüler in den Pausen beten wollen. „Dies ist auf dem Schulgelände nicht erlaubt“, stellt Lingnau im Elternbrief klar. „Wir haben in der Schülerschaft über 50 Nationalitäten und dementsprechend viele Religionszugehörigkeiten. Die Schule ist für uns alle ein neutraler Ort, an dem alle gleich behandelt werden. Deshalb gibt es weder im Gebäude noch auf dem Schulgelände einen Gebetsraum oder einen Ort, an dem Schüler:innen ihre Religion sichtbar ausüben können. Das gilt für alle Schüler:innen, egal welcher Religion sie angehören“, bittet Lingnau die Eltern, dies ihren Kindern zu erklären. Gespräche mit betroffenen Schülern „waren teilweise so respektlos, dass wir von weiteren Gesprächen abgesehen haben“, schreibt die Schulleiterin.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch hat den Schulen jetzt in einem Rundschreiben die geltende Rechtslage erläutert, wie sie mit der auch für Schüler grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit umgehen sollen. „Einem Gebetswunsch während der Unterrichtszeit wird aufgrund der Störung der organisatorischen Abläufe und der Bedeutung der Schulpflicht nicht nachgegeben“, heißt es in dem Schreiben. Es sei zumutbar, „Schülerinnen und Schüler hinsichtlich ihrer Gebetswünsche auf die Pausenzeiten zu verweisen“. Allerdings darf das Gebet nicht den Schulfrieden gefährden. „Es ist ausreichend, wenn die Verrichtung eines Gebetes objektiv geeignet erscheint, Unfrieden zu stiften“, schreiben die Senatsjuristen. „Das heißt, wenn im konkreten Fall zu befürchten steht, dass die Gebetsausübung zu Konflikten führen oder diese verschärfen kann, ist ihre Untersagung folglich zulässig“, heißt es. Die Schule muss den Schülern auch keinen Gebetsraum zur Verfügung stellen. Das rechtfertige „die begründete Befürchtung, verschiedene religiöse Gruppierungen könnten einen Gebetsraum einfordern“.

Katharina Günther-Wünsch bittet alle Schulen, bis zum 12. Januar ihre Fragen und Erfahrungen zum Thema an den Senat zu schicken. Abgefragt wird zum Bespiel, ob bereits „ein Gebetsraum oder Raum der Stille an Ihrer Schule eingerichtet“ wurde und falls ja: „Wie wurde dies realisiert und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?“ Der Senat will sich mit dem Schreiben auch einen Überblick darüber verschaffen, an welchen Schulen es „Forderungen, Petitionen oder ähnliches nach einem Gebetsraum bzw. der Ermöglichung des Gebets während/außerhalb der Unterrichtszeiten“ gibt.

Es gibt immer wieder Konflikte rund um religiöse Gebete an öffentlichen Schulen. Meistens bekommen die Schulen das Problem ohne großen Stress in den Griff. Die Gerichte beschäftigt hatte vor über zehn Jahren der Fall eines Schülers am Diesterweg-Gymnasium in Gesundbrunnen, der einen Gebetsraum in der Schule wollte. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte 2011 zwar, dass Gebete nicht aus den Schulen verbannt werden dürften, der Schulfriede aber im Zweifelsfall wichtiger sei.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 537× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 822× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 802× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.183× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.