Der neue "Gedenk- und Informationsort T4" ist eröffnet
"Aktion T4" lautete einer der Tarnnamen für den Massenmord des NS-Regimes an Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten, benannt nach dem Sitz ihrer Zentrale, seit April 1940 eine Villa in der Tiergartenstraße 4. Die der "Kanzlei des Führers" angegliederte Dienststelle wurde von Viktor Brack geleitet. Er wurde 1948 in Landsberg am Lech hingerichtet. Der SS-Oberführer und frühere Chauffeur Heinrich Himmlers organisierte die "Euthanasie"-Morde.
Psychisch Kranke wurden ausgesondert, mit den berüchtigten "grauen Bussen" in Tötungsanstalten verbracht und dort mit Gas oder Giftspritzen umgebracht. Die Opfer ermittelte man per Fragebogen. Ärzte werteten sie nach freiem Ermessen aus.
Nachdem das Morden trotz aller Tarnung in der Öffentlichkeit bekannt geworden war, regte sich vor allem in den Kirchen massiver Protest. Der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen und der Leiter der Betheler Anstalten, Friedrich von Bodelschwingh, erwirkten im August 1941 den offiziellen Stopp der Aktion T4. Sie wurde aber insgeheim weitergeführt. Die Forschung geht heute von rund 300 000 Opfern der Euthanasie in Europa aus.
Eine blau getönte, 24 Meter lange und 2,6 Meter hohe Glaswand und davor ein Podest mit Text- und Bildtafeln erinnert und erzählt von der Vernichtungsaktion geistig und körperlich Behinderter im "Dritten Reich". 2011 hatte der Bundestag die Errichtung eines Gedenkorts beschlossen.
Den Gestaltungswettbewerb gewannen die Berliner Architektin Ursula Wilms, der Stuttgarter Künstler Nikolaus Koliusis und der Aachener Landschaftsarchitekt Heinz W. Hallmann. Die Kosten in Höhe von gut 600 000 Euro hat der Bund übernommen. Das Land Berlin stellte das Grundstück zur Verfügung. Für die Neugestaltung des Denkmal-Umfeldes wurden weitere 320 000 Euro in die Hand genommen.
Zuvor hatte das Gedenken die doppelwandige Stahlskulptur "Berlin Curves" von Richard Serra erfüllt, die 1988 aufgestellt und durch eine Gedenkplatte zum Mahnmal für die ermordeten Kranken erhoben wurde. Und vor sechs Jahren stand vor der Philharmonie vorübergehend das mobile "Denkmal der grauen Busse". Von dem Gedenkort in der Tiergartenstraße gehe die Botschaft aus, dass jedes menschliche Leben es wert sei, gelebt zu werden, sagte Staatsministerin Monika Grütters. "Der Gedenkort T4 konfrontiert uns heute mit der grauenvollen NS-Ideologie, die sich anmaßte, das einzelne Leben nach Nützlichkeit und Brauchbarkeit zu beurteilen."
Es sei höchste Zeit gewesen, dass diese Opfergruppe ein eigenes Gedenken erfahre, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bei der Eröffnung im Beisein von Vertretern der Opferverbände und der Stiftung Topographie des Terrors.
Mit dem neuen Gedenkort werde ein wichtiges Zeichen "gegen Ausgrenzung, Intoleranz und Feindseligkeit" gesetzt. "Gerade an den Schwachen zeigt sich die soziale Verantwortung unserer Gesellschaft."
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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