Kunstbibliothek zeigt Mode aus der Zeit des Ersten Weltkriegs
Mit Verwunderung registrierte damals die Männerwelt, wie sich die Frauen kleideten, was sie sich mit ihren Frisuren und Make-up erlaubten. Rauschende Roben, kostbare Stoffe, dicke Juwelen waren gestern, einfache Konturen, zurückhaltende Farben waren Mode. "Die Krieger aber, die im Jahre 1919 nach Haus zurückkehrten, fanden Frauen und Mädchen mit Pagen- und Knabenköpfen vor. Das lange, prächtige Haar war gefallen, ein neuer, unheimlich eindeutiger, ein sachlicher und simpler Stil kündigte sich an", schrieb ein Kenner der Szene nach dem Krieg.
Adelheid Rasche, die Kuratorin der Ausstellung, spricht von einer erstaunlichen Vitalität in der Modegeschichte zwischen Jugendstil und den 20er-Jahren. "Unser Wissen über die Kleidermode dieser Zeit speist sich nicht nur aus Zeitschriften, sondern auch aus privaten Zeitzeugnissen, Alltagsbildern und erhaltener Kleidung", sagt die Expertin. Nach dem Krieg habe man Neuerungen wie die deutlich verkürzte Rocklänge beibehalten sowie schlicht-sportliche Tageskleidung getragen. Jetzt wurde Seiden- und Wolljersey getragen, und Schwarz gewann Boden als Modefarbe. Adelheid Rasche freut sich, erstaunliche, selten gezeigte Exponate aus dem reichen Bestand der von ihr geleiteten Sammlung "Modebild - Lipperheidische Kostümbibliothek" präsentieren zu können. Viele Exponate atmen patriotischen Zeitgeist. Angesichts gravierender Probleme bei der Beschaffung von Stoffen, des Fehlens von Arbeitskräften, des Ausbleibens von kaufkräftigen Kunden und sinkender Kaufkraft musste man sich auf das Notwendige und Praktische beschränken.
In Deutschland wurde das Motto "Los von Paris" auch im Bereich der Mode populär. Die Dame von Welt trug jetzt sogenannte Reformröcke, hüllte sich in bequeme Stoffe und fiel dadurch auf, dass sie mehr Körper als früher zeigte. Der Wandel hat nicht jedem Zeitgenossen gefallen, weshalb Satire- und Witzblätter mit Wonne den neuen Modestil verulkten.
Autor:Helmut Caspar aus Mitte |
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