Stolzer Spanier mit Rüsselbeinen
Kunstgewerbemuseum erwirbt königliches Schreibmöbel

Achim Stiegel öffnet das Schreibfach. | Foto: Stephan Klonk
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  • Achim Stiegel öffnet das Schreibfach.
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Im Kunstgewerbemuseum am Kulturforum steht ein stolzer Spanier. Er stammt aus der Madrider Hofwerkstatt des Hofschreiners José Canops. Der Kauf des prachtvollen Schreibmöbels ist der Auftakt für eine im nächsten Jahr geplante Ausstellung über Glanzleistungen der Möbelkunst aus dem 18. Jahrhundert.

Anfassen mag Achim Stiegel das neu erworbene Stück nur ungern. Für das ausgewählte Publikum macht der Kurator der Möbelsammlung eine Ausnahme. Behandschuht öffnet Stiegel vorsichtig das Schreibfach. Hinter seinem Rücken raunt es Anerkennung. Die Möbelsammlung des Kunstgewerbemuseums hat da wahrlich ein Prachtstück erworben.

Gebaut um 1700 für König Carlos III.

Das Schreibmöbel – oder besser das Zylinderbureau, wie es im Fachjargon heißt – stammt aus der königlichen Madrider Hofwerkstatt von José Canops. Der Hofschreiner mit deutschen Wurzeln hat es um 1770 für Carlos III. gebaut. Konzipiert für die repräsentative Aufstellung im freien Raum, kommt das Schreibmöbel ganz in Mahagoni daher. Aus dem massiven, unkaputtbaren Holz bauten die Spanier ihre Schiffe. „Die wussten, was gut ist“, sagt Achim Stiegel anerkennend. So hat denn auch der stolze Spanier keinen einzigen Kratzer. Achim Stiegel hat das für sein Gutachten vor dem Ankauf überprüft. Kunstmöbel nennen darf sich das Zylinderbureau zu recht. Seine exotischen Hölzer sind extravagant dekoriert, alle Seiten plastisch modelliert und mit seltenen Furnieren bestückt. Es hat einen leicht gewölbten Schwung und rüsselartige Beine. „Im Detail ist es unwahrscheinlich raffiniert“, schwärmt der Kurator. „In der Werkstatt hat man nichts dem Zufall überlassen.“ Musikalische Trophäen spanischer Herkunft und Blumen aus der Neuen Welt sind im Holz ebenso in Szene gesetzt wie die geheimnisvolle Anspielung auf den Elefanten. Die imposanten Tiere waren aus Indien bekannt und galten damals als Symbol globaler Macht.

Möbelkunst noch wenig bekannt

Trotz ihrer herausragenden Qualität ist diese Möbelkunst selbst bei Experten wenig bekannt. Laut Museum findet sich das Gros der Möbel heute in den königlichen Sammlungen im Patrimonio Nacional in Madrid. Außerhalb Spaniens gibt es die Möbel von Canops in öffentlichen Sammlungen nur in San Fancisco und New York. Erst seit jüngster Zeit befasst sich die spanische Forschung verstärkt mit der Ausstattung des Königspalastes zu Zeiten von Carlos III.

Kaufpreis im sechsstelligen Bereich

Gekauft hat das Kunstgewerbemuseum das Schreibmöbel von einem deutschen Kunsthändler im Münsterland. Der wiederum hatte es bei „Christie’s“ in London ersteigert. Auf dem Kunstmarkt war es aber vorher schon, wie Achim Stiegel recherchiert hat. Wie teuer der Spanier war, will Sabine Thümmler, Direktorin des Kunstgewerbemuseums, nicht verraten. Nur so viel: Der Preis war sechsstellig. Finanziert haben den Kauf die Ernst-von-Siemens-Kunststiftung, die Rudolf-August-Oetker-Stiftung und die Julius-Lessing-Gesellschaft. Das Kunstgewerbemuseum steuerte Eigenmittel bei. „Wir wollten schon immer ein besonderes Möbelstück für unsere Sammlung kaufen“, sagt Sabine Thümmler. „Manchmal werden Wünsche wahr.“

Bis die Berliner den Exoten bewundern können, dauert es aber noch. Das Kunstgewerbemuseum plant erst 2022 eine größere Ausstellung dieser Möbelkunst – mit Leihgaben aus Madrid und Paris.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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