Kupferstichkabinett gibt Werke eines jüdischen Sammlers an Erben zurück
Tiergarten. „Wie bei fast allen Restitutionsfällen der letzten Jahre konnten wir auch in diesem Fall eine faire und gerechte Lösung finden.“ So hat Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), das Ergebnis der Verhandlungen mit den Erben des jüdischen Unternehmers und Sammlers Eugen Moritz Buchthal zusammengefasst. Die Stiftung gibt neun Werke aus dem Kupferstichkabinett zurück. Eines davon kauft sie für das Museum.
Der Rechtsanwalt Lothar Fremy, der die Erben vertritt, sagt über den Verhandlungsabschluss, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sei mit der „noch heute weitgehend ungelösten Problematik“ hinsichtlich verfolgungsbedingt entzogener Werke verantwortungsvoll umgegangen.
Es wird vermutet, dass etwa 600.000 Kunstwerke zwischen 1933 und 1945 von den Nazis gestohlen, enteignet, beschlagnahmt oder geraubt wurden, 200.000 innerhalb von Deutschland und Österreich. Die Zahl der Kunstwerke, die weltweit in öffentlichen Sammlungen und Privatbesitz vermutet werden und nicht an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben worden sind, wird auf bis zu 10.000 geschätzt. 1998 haben sich 44 Staaten in der „Washingtoner Erklärung“ dazu verpflichtet, für das Auffinden und die Rückgabe geraubter Kunst zu sorgen. Seitdem sind weit mehr als 1000 Gemälde und Kunstobjekte an die Eigentümer oder ihre Erben zurückgegeben worden. In vielen Fällen gelangen sie kurze Zeit später wieder in den Kunsthandel oder in Kunstauktionshäuser.
Bei den jetzt restituierten Werken handelt es sich um zwei Lithografien von Erich Heckel und eine von Otto Müller, drei Radierungen von Wilhelm Lehmbruck und eine von Paula Modersohn-Becker sowie einen Holzschnitt von Emil Nolde. Eine weitere Radierung, „Fehmarnhäuser mit großem Baum“ von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahre 1908, kauft die SPK zurück. Ein Preis wurde nicht genannt.
Bei „Fehmarnhäuser mit großem Baum“ handelt es sich um eines der seltenen grafischen Werke, die Kirchner in Blau drucken ließ. Es ist der Probedruck einer Radierung, die der Künstler nach einem Aufenthalt auf der Ostseeinsel Fehmarn geschaffen hat. Es existieren hiervon nur noch drei weitere Druckexemplare.
Das Kupferstichkabinett hatte im Januar 1936 ursprünglich 16 Werke aus Eugen Buchthals Sammlung bei der Galerie Nierendorf erworben. Im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmten die Nazis 1937 einige, sodass nur neun Werke übrigblieben. Eugen Moritz Buchthal war ein passionierter Sammler zeitgenössischer Kunst. Der jüdische Unternehmer wurde seit 1933 wie alle jüdischen Gewerbeunternehmen von der nationalsozialistischen Verfolgung bedroht. Seine drei Kinder emigrierten zwischen 1934 und 1936 nach England. Eugen Moritz Buchthal und seine Frau Therese folgten ihnen 1938. 1954 starb Eugen Moritz Buchthal 76-jährig in London. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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