Anregend in aktueller Debatte
Sonderausstellung über Flüchtlingskonferenz von Évian in der Gedenkstätte

Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand zeigt eine Sonderausstellung über eine misslungene Flüchtlingspolitik vor 80 Jahren. | Foto: Karen Eva Noetzel
  • Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand zeigt eine Sonderausstellung über eine misslungene Flüchtlingspolitik vor 80 Jahren.
  • Foto: Karen Eva Noetzel
  • hochgeladen von Hendrik Stein

Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht, aber die Kenntnis historischer Ereignisse lässt die Gegenwart besser begreifen. In Bezug auf die gegenwärtige Flüchtlingskrise machen die Gedenkstätte Deutscher Widerstand und das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität in ihrer gemeinsamen Ausstellung „Geschlossene Grenzen. Die internationale Flüchtlingskonferenz von Évian 1938“ dahingehend ein gutes Angebot.

Vor 80 Jahren trafen sich vom 6. bis 15. Juli Vertreter von 32 Staaten – Vereinigte Staaten, Großbritannien, Frankreich, sechs kleinere europäische Demokratien, Kanada, lateinamerikanische Staaten, Australien und Neuseeland – im französischen Évian-les-Bains am Genfer See. Die Konferenz hatte US-Präsident Franklin D. Roosevelt einberufen. Beraten wurde über Einwanderungsquoten und mögliche Zufluchtsgebiete für jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und dem soeben „angeschlossenen“ Österreich. Die Krise war durch den nationalsozialistischen Terror gegen die jüdische Bevölkerung ausgelöst worden.

Die Konferenz wurde vertagt. Erreicht worden war faktisch nichts, abgesehen von der Einrichtung des „Intergovernmental Commitee on Refugees“ (IGCR). Das IGCR sollte unter anderem mit der Dominikanischen Republik als möglichem Einwanderungsland und NS-Deutschland verhandeln. Da es kaum Befugnisse und Finanzmittel hatte, erreichte das Komitee so gut wie nichts.

Die Ausstellungsmacher unter der wissenschaftlichen Leitung des Politologen Winfried Meyer schildern die Voraussetzungen für die Konferenz, ihren Verlauf und die Folgen. Den Schwerpunkt legt die Ausstellung in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand auf die teilnehmenden Staaten und ihre Delegationen.

Diese brachten die unterschiedlichsten Begründungen vor, warum sie eine Aufnahme von Flüchtlingen ablehnen. So führte der britische Vertreter eine Übervölkerung in den Überseeterritorien und eine dichte Besiedlung Englands an. Palästina wurde ganz ausgeschlossen. Der französische und der belgische Vertreter sagten, ihre Länder hätten bereits „den äußersten Grad der Sättigung“ bei der Aufnahme von Flüchtlingen erreicht. Australien wollte keine „Rassenprobleme“ importieren. Kanada litt unter einer Wirtschaftsdepression, die südamerikanischen Staaten kämpften gegen eine hohe Arbeitslosigkeit. Das Fazit der Kuratoren: Die Konferenz von Évian zeige, wie die verfolgten Juden von der internationalen Staatengemeinschaft weitgehend im Stich gelassen worden seien.

„Geschlossene Grenzen. Die internationale Flüchtlingskonferenz von Évian 1938“, Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Stauffenbergstraße 13-14, ist bis zum 5. Oktober montags bis mittwochs und freitags von 9 bis 18 Uhr, donnerstags von 9 bis 20 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Im Begleitprogramm wird am 30. August um 18 Uhr der Dokumentarfilm von Mark Jonathan Harris „Kindertransport – in eine fremd Welt“ (USA 2000) im Saal 2B der Gedenkstätte gezeigt.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 78× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 755× gelesen
Gesundheit und Medizin
Das Dominikus Krankenhaus informiert zur Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Moderne Behandlung bei Hüft- und Knieschmerzen
Informationsabend Robotik-Chirurgie

Hüft- und Knieschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und werden oft durch Verschleiß, Unfälle oder Fehlstellungen verursacht. Moderne Technologien wie die Robotik-Chirurgie bieten neue Möglichkeiten für eine präzisere und minimalinvasive Behandlung. Am 4. Januar laden wir Sie herzlich zu einem Informationsabend ein, bei dem Chefarzt Tariq Qodceiah, Leiter des Caritas Hüftzentrums, die Vorteile der Robotik-Chirurgie bei Hüft- und Knieschmerzen erläutert. Er erklärt, wie diese innovative...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 70× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.