Rückkehr nach Hause
Verloren geglaubte Menzel-Zeichnungen werden ab April öffentlich präsentiert
Sie galten seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Wie jetzt bekannt wurde, sind im Januar zwei Pastellzeichnungen des großen Berliner Malers, Zeichners und Illustrators Adolph Menzel (1815-1905) zu ihrem ursprünglichen Besitzer zurückgekehrt, in die ehemalige „Sammlung der Zeichnungen“ der Nationalgalerie, die heute zum Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin gehört.
Rund ein Dreivierteljahrhundert gingen die Experten davon aus, dass Menzels „Dame im Coupé“ und „Schutzmann im Winter“ unwiederbringlich verloren gegangen sind. Aufgrund der alliierten Bombenangriffe auf Berlin waren die beiden Zeichnungen 1941 in den Tiefkeller der Reichsbank ausgelagert worden. Danach verlor sich ihre Spur. Sie galten wie viele andere Kunstwerke auch als „Kriegsverlust“.
Vor etwa fünf Jahren gab es erste Anzeichen, dass „Dame“ und „Schutzmann“ doch nicht zerstört worden waren. Der westfälische Kunstvermittler Sascha Tyrra hatte Kontakt mit dem Kupferstichkabinett aufgenommen – im Auftrag eines Mandaten, in dessen Besitz sich die Zeichnungen befanden und der sie verkaufen wollte. 2018 wurden diese Gespräche während der Vorbereitung der Ausstellung „Menzel. Maler auf Papier“ wieder aufgenommen. Der Weg zur „Rückgewinnung“ sei so geebnet worden, heißt es bei den Staatlichen Museen zu Berlin.
Staatliche Museen kaufen zurück, was ihnen gehört
„Rückgewinnung“ bedeutet soviel wie: Die Staatlichen Museen haben etwas, das ihnen gehört, ein weiteres Mal erwerben müssen. Über den Kaufpreis für die „Dame im Coupé“ (1859) und „Schutzmann im Winter“ (1860) ist nichts bekannt. Kunstvermittler Tyrra formuliert es so: Trotz anfänglicher gegensätzlicher Auffassungen seitens der Eigentümer und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) sei am Ende eine für beide Seiten attraktive Lösung gefunden worden. „Der Fall zeigt einmal mehr, Kunstmarkt und Museumslandschaft müssen sich keineswegs ausschließen, sondern können maximal voneinander profitieren“, so Sascha Tyrra.
Die beiden Werke werden ab April in einer Ausstellung neu erworbener Werke des Kupferstichkabinetts und ab September in der großen Sonderausstellung „Menzel. Maler auf Papier“ erstmals wieder der Öffentlichkeit vorgestellt. „Aus konservatorischen Gründen können wir sie nicht wie ehemals dauerhaft zeigen“, erklärt die Direktorin des Kupferstichkabinetts, Dagmar Korbacher.
„Solche Werke, deren Schicksal Jahrzehnte lang im Dunkeln lag, wieder in den Sammlungen zu wissen und der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, erzeugt ein Gefühl großen Glücks“, sagt SPK-Präsident Hermann Parzinger. Und Anna Pfäfflin, Kuratorin von „Menzel. Maler auf Papier“, empfindet sogar „große Dankbarkeit und Demut“ angesichts der Tatsache, dass es nun gelungen sei, der Sammlung, wie sie einst angelegt und im Zweiten Weltkrieg zerrissen wurde, zwei so bedeutende Mosaikstein wieder hinzufügen zu können.
Weitere Informationen zu den Ausstellungen finden sich unter www.smb.museum/ausstellungen/detail/in-bester-gesellschaft.html und www.smb.museum/ausstellungen/detail/menzel-maler-aufpapier.html.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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