Malen mit Licht
Marcus Wächter fertigt Scherenschnitte und lässt sie leuchten
Marcus Wächter macht Kunst aus Papier. Dabei nutzt der Berliner die alte Technik des Scherenschnitts und schafft verblüffende Bilder in beleuchteten Dioramen.
Henri Matisse machte es vor. Scherenschnitte sind so viel mehr als nur schwarze Silhouetten im Profil. Dass man mit dieser alten Technik beeindruckende Kunst schaffen kann, zeigt auch der Berliner Marcus Wächter. Alles, was er dafür braucht, sind Pappe, perlweißes Strukturpapier, ein Bastelmesser und eine ruhige Hand.
„Paper cut“ nennt Marcus Wächter seine Kunst. Denn sie besteht ausschließlich aus Papier. Wächters Bilder sind aber weit mehr als eindimensionale schwarz-weiße Scherenschnitte. Mit übereinander geklebten und beschnittenen Papierlagen, die von hinten beleuchtet werden, kreiert der 52-Jährige im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtige Bilder, ja ganze Scherenschnitt-Kulissen aus Papier. Seine Traumwelten erweckt er dann mit Licht im Diorama, einem Schaukasten aus Holz.
Bis dahin sind es viele Arbeitsschritte, die Marcus Wächter in sorgsamer Handarbeit selbst erledigt. Jede Szene gestaltet er zunächst am Computer und druckt sie auf Papier in mehreren, manchmal zehn verschiedenen Ebenen spiegelverkehrt im Maß der Holzbox aus. Nun kommt die eigentlich Arbeit. Mit der Lupenbrille schneidet Marcus Wächter dann jede Figur, jede noch so kleine Szene aus jeder einzelnen Ebene aus. Sein Hauptwerkzeug ist dabei keine Schere, sondern ein Bastelmesser mit sehr scharfer, spitzer Klinge. „Um die Konturen zu schneiden, muss ich konzentriert auf der Linie bleiben.“ Danach leimt er die ausgeschnittenen Lagen Papier mit Trennpappen zusammen. „Beleuchtet entsteht so ein stimmungsvolles, räumliches Bild“, erklärt das Allround-Talent.
An die 200 Bilder in Dioramen hat Marcus Wächter inzwischen in seiner Wohnung in Tiergarten. Sie tragen fantastische Titel wie „The Boy and the Demon“, „Sea Monster“ oder „Guarding home coming.“ Mit Licht malt er auch Elefanten, Delfine oder Hirsche, Szenen aus Star Wars, Kill Bill, Grimm-Märchen und andere Motive. Die Beatles schlendern vorbei. Elvis spielt Gitarre, Jack Sparrow den verrückten Captain.
Vor zwölf Jahren hat Marcus Wächter mit seinem ungewöhnlichen Hobby begonnen. „Ich wollte kunstvolle Bilder machen, die sonst keiner macht.“ Zunächst schnitt er Figuren aus, platzierte sie in eine reale Szene und fotografierte das Motiv. „Mit der Zeit wurden daraus echte Storytellings.“ Konzentriert und genau zu arbeiten, hat Marcus Wächter gelernt. Er war Maler und Lackierer, hat bei der Post gejobbt, dann Mediendesign studiert und in dem Beruf 25 Jahre gearbeitet. Zwischendurch hatte er noch ein Tattoo-Studio. Nach fünf Jahren Pause nahm er Anfang des Jahres wieder die Klinge in die Hand. Fünf Stunden sitzt Wächter an einem Diorama. Zwei schafft er pro Woche. Früher hat er seine Scherenschnitt-Motive auch auf Leinwände und Postkarten gedruckt. Geld macht der gebürtige Berliner mit seiner Kunst nicht. „Es geht mir in erster Linie um das meditative Papierschneiden und um die Kunst, die entsteht.“ Und die will er mit möglichst vielen teilen.
Seine besten Bilder zeigt Marcus Wächter auf www.deviantart.com/gs-papercut. Archiv und Making of sind auf Youtube zu sehen. Und wer ihm bei seinem Hobby über die Schulter schauen will, streamt Live auf Twitch www.twitch.tv/gs_papercut.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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