Simon Eisenblätter über einen Tag und eine Nacht im Tinyhouse „35 Kubik Heimat“
<span class="docTextLocation">Tiergarten.</span> 40 Stunden in der Woche arbeitet Simon Eisenblätter in einem Webshop. So will er aber nicht den Rest seines Lebens zubringen. Er sucht nach alternativen Lebensstilen – und ist auf die Tinyhouses am Bauhaus-Archiv und Museum für Gestaltung gestoßen.
Auf dem Museumsareal an der Klingelhöferstraße darf seit März eine Gruppe von Architekten, Gestaltern und Flüchtlingen um den Berliner Architekten und Erfinder von Hartz-IV-Möbeln, Van Bo Le-Mentzel, am praktischen Beispiel von Minihäusern auf Rädern zur drängenden Frage nach bezahlbarem Wohnraum und einer gerechteren Stadt forschen.
Eines der mobilen Häuschen ist das „35 Kubik Heimat“. Rosenheimer Innenarchitekturstudenten haben das Gefährt mit einer Wohnfläche von nur zehn Quadratmetern entwickelt, finanziert und gebaut. Dort durfte Simon Eisenblätter einen Tag und eine Nacht verbringen. Mit Zahnbürste, Schlafanzug und Fotoausrüstung zog der Betriebswirtschaft-Bachelor ein. Im Gegenzug fotografierte der 23-Jährige alle Facetten des Hauses.
Es ist leer. Aber das scheint nur so. „Es ist gut ausgestattet“, sagt Simon Eisenblätter. „Bettzeug, Becher, Wasser- und Campinggaskocher – alles da.“ Alle Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände verschwinden in doppelten Böden und Wänden. Das Bett sei unter zwei großen Holzplatten versteckt. Ebenso verschwinde der Tisch nahtlos im Boden des Minihauses, sagt der Testbewohner. „Das Badezimmer ist ausgestattet mit einem kleinen Schrank, einer Dusche und einer Komposttoilette.“
Begeistert hat den Testbewohner das „schlichte funktionelle Design Skandinaviens“ und die Gewinnung von Trinkwasser aus Regenwasser über ein ausgeklügeltes System auf dem Hausdach. Inmitten des Großstadttrubels hat Simon Eisenblätter Tee gekocht, gelesen, fotografiert und eine bestellte Pizza gegessen. „Ich wollte die Küche für eine Mahlzeit nicht schmutzig machen“, sagt Eisenblätter. Abends hat er zusammen mit Freunden in Liegestühlen auf der hauseigenen „Terrasse“ gefläzt. „Es war ein Genuss“, schwärmt Simon Eisenblätter. Die Zeit sei rasch, aber ohne Hetze verstrichen.
„Das ist genau das Richtige für Leute mit Reizüberflutung“, sagt der Deutsch-Finne über „35 Kubik Heimat“, das er gerne im Wald oder an einem See aufstellen würde, um dort die Wochenenden zu verbringen. Simon Eisenblätter hat schon Erfahrung mit dem reduzierten Wohnen gemacht. In Polen hat er umgebaute Zirkuswagen und Eisenbahnwaggons ausprobiert. „Man braucht nicht viel zum Leben“, meint er. Besitz schränke nur ein. Freiheit gehöre zum Glücklichsein. Wer sich etwa an ein Haus binde, der verliere seine Freiheit.
Im kommenden Herbst will Simon Eisenblätter seinen Master machen. Vielleicht schreibt er über das Wohnen in Containern. Zunächst aber baut er die Webseite <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://tinyhouse360.de/">tinyhouse360.de</a>, ein Portal für alternatives Wohnen. „Gleichgesinnte sollen die Möglichkeit haben, sich über minimalistische und mobile Wohnmöglichkeiten zu informieren und können sich mit Hilfe von Bildern und Videos in 360 Grad in diese hineinversetzen“, erläutert Simon Eisenblätter. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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