Anwohnern reicht es mit dem "Billigstrich"

Tiergarten. Der Kiez um die Kurfürstenstraße verwahrlost. Das sagt eine neue Anwohnerinitiative. Unter dem Motto „Gegen den Strich – Sperrgebiet Tiergarten-Süd“ haben Anwohner und Gewerbetreibende eine Unterschriftenaktion gestartet.

Man kämpfe für ein sicheres, sauberes und wieder lebenswertes Quartier. Die Organisatoren sagen, sie fühlten sich von der Politik im Stich gelassen mit den Problemen, die ein „Billigstrich“ verursache, der das Viertel zu einem „Schmuddelkiez“ mache. Die Anwohnerinitiative nennt die Sache beim Namen: öffentliche Sexverrichtung ohne Rücksicht auf umliegende Kindergärten, Schulen und Senioreneinrichtungen, Verschmutzung von Spiel- und Parkplätzen sowie Grünanlagen mit benutzten Kondomen und anderem Unrat. Auch „gewaltbereite Zuhälterringe“ wolle man beobachtet haben.

Die Ursachen für diese „Verwahrlosung“ nennt die Initiative auch: die Legalisierung der Prostitution und die EU-Erweiterung. In der Mehrheit aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn kämen die rund 400 Frauen, die hier „rotierten“. Das seien nicht jene Prostituierten, mit denen man sich früher im Kiez irgendwie arrangiert habe. Aus Angst und Konkurrenzdruck würden die Huren Verhaltenscodices ignorieren, wie sie etwa der Frauentreff Olga oder der Verein Neustart ihren Klientinnen vermittele.

Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) habe die missliche Situation schon länger beklagt: „Ich kann die Forderungen der Anwohnerinitiative nachvollziehen.“ Aber wie soll man dem Billigstrich begegnen, fragt er gleichzeitig. Die Verfügung einer Sperrzeit oder eines Sperrbezirks sei Sache des Senats und ohnehin schwer durchzusetzen. Die BVV von Mitte und die SPD in der Berliner Koalition haben sich gegen Sperrzeiten ausgesprochen. Soziale Einrichtungen vor Ort setzen auf Prävention und Sozialarbeit mit den Prostituierten. Spallek kann sich nur vorstellen, das Wegwerfen von Kondomen und anderen Unrats als Tatbestand der Vermüllung und damit als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. „Aber weisen Sie mal jemandem nach, dass er und kein anderer das Kondom weggeworfen hat.“ Sein Ordnungsamt habe nur 28 Außendienstmitarbeiter für ganz Mitte und sei nach 22 Uhr gar nicht mehr im Einsatz. Spallek setzt darauf, dass die geplanten Neubauprojekte entlang der Kurfürstenstraße die Situation entschärfen werden ebenso wie die Einzäunung des Magdeburger Platzes.

Wer hinter der Unterschriftenaktion steckt, ist nicht bekannt. Die Anwohnerinitiative hält sich ob des delikaten Themas bedeckt. Als Kontakt- und Vermittlungsadresse dient das Quartiersmanagement „Magdeburger Platz“: info@tiergarten-sued.de, www.tiergarten-sued.de. Im Quartiersbüro in der Pohlstraße 1 verweist man aber ausdrücklich darauf, nicht Urheber dieser Aktion zu sein. KEN

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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