Tiergarten-Süd: ein Kiez mit Perspektive
Der Kiez verändert sich merklich. Ausgelöst wurde diese Entwicklung laut Studie durch den Zuzug einkommensstarker Schichten in das Neubaugebiet an der Flottwellstraße. Seit 2012 hat die von Petra Patz-Drüke geleitete Arbeitsgruppe "Sozialraumorientierung" des Bezirksamtes den Kiez zwischen Spree und Kurfürstenstraße unter die Lupe genommen. Das Ergebnis sind eine genaue Analyse des Gebietes sowie ein 45 Ziele - vom Erhalt bezahlbaren Wohnraums bis zur Entwicklung von Tiergarten-Süd zum "Hotspot" für Kultur- und Medienschaffende - umfassender Handlungskatalog. 53 Maßnahmen wurden bisher formuliert oder bereits umgesetzt. Sie reichen von der Interessengemeinschaft Potsdamer Straße über die Sanierung der Sportanlagen bis hin zum Elterncafé in der Allegro-Grundschule.
Zu den größeren Zielen gehören der Ausbau des Nachbarschaftstreffs in der Kluckstraße 11 zum soziokulturellen Zentrum und die Eindämmung der Prostitution in der Gegend um die Potsdamer Straße, Kurfürstenstraße und am Magedeburger Platz, die nach 150 Jahren dort schon so etwas wie Tradition hat. Bisher waren alle Versuche und Maßnahmen wenig erfolgreich, um ihre negativen Folgen und Begleiterscheinungen wie Lärm und Vermüllung, Zuhälterei oder Liebesdienste und Drogenkonsum auf Spielplätzen, in Hauseingängen und Höfen einzudämmen.
Da das Quartiersmanagement Magedeburger Platz/Tiergarten-Süd 2016 ausläuft, müssen die seit 1999 aufgebauten Strukturen und Projekte in anderer Form aufrechterhalten bleiben. Das Bezirksamt denkt daran, "Stadtteilkümmerer" oder "Stadtteilkoordinatoren" einzusetzen oder den Quartiersrat in ein selbst organisiertes Bewohnergremium umzuwandeln.
Tiergarten-Süd hat etwas zu bieten. Es gibt die Stadtteilbibliothek, die Volkshochschule im "Lernhaus" in der Pohlstraße, fünf Schulen und zehn Kitas, zwei Krankenhäuser, das international renommierte Kulturforum, den Potsdamer Platz als Ort der Berlinale und die Potsdamer Straße, die sich zur Kunst- und Medienmeile mausert, und den Großen Tiergarten. Mit 162 Quadratmetern Grün für Sport und Erholung lassen Tiergartens Kiezbewohner alle anderen weit hinter sich. Sonst stehen den Mitte-Bewohnern im Durchschnitt nur knapp 16 Quadratmeter zur Verfügung.
Auch auf anderen Feldern steht der Kiez nicht schlecht da. Zwar hat er mit einem Durchschnittsalter von 40,5 Jahren eine relativ alte Bevölkerung und einen unterdurchschnittlichen Anteil junger Menschen (12,9 Prozent, davon 82,9 Prozent mit Migrationshintergrund) gegenüber dem Gesamtbezirk und der Stadt. Aber die Arbeitslosigkeit liegt mit einer Quote von 8,2 Prozent unter der in Mitte (10,5 Prozent) und in Berlin (8,6 Prozent). Bei den Jugendlichen ist sie ebenfalls unterdurchschnittlich.
Problematisch bleiben die über der Berlin-Quote liegende Zahl der Sozialhilfempfänger (21,4 Prozent gegenüber 20,1 Prozent), die hohe Zahl der von Armut betroffenen Kinder (42,2 Prozent) und das Ausmaß an Straftaten, mit 7206 der zweithöchste Anteil im Bezirk.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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