Anwohner empört über mangelhafte Informationspolitik
Kritik am zuständigen Stadtrat Carsten Spallek (CDU) hagelte es nach den Fällungen von allen Seiten. Nachdem die Kettensägen gleich an mehreren Orten im Bezirk ganze Arbeit geleistet hatten, rieben sich Anwohner und Bezirkspolitiker ungläubig die Augen. Denn die Informationen, die Spallek zu den Fällungen herausgegeben hatte, seien nach ihrer Meinung mehr als dürftig. Mit einem offenen Brief wandte sich der Quartiersrat Magdeburger Platz an den Stadtrat, fassungslos über die Fällung von 16 Bäumen in der Flottwellstraße. Die Bäume entlang eines Bauprojekts seien "ohne angemessene Beteiligung der Öffentlichkeit" gefällt worden. Die besondere Ironie: Das Straßen- und Grünflächenamt hat selbst ein Verkehrs- und Gestaltungskonzept für die Flottwellstraße in Auftrag gegeben, auf dessen Grundlage der Außenraum aufgewertet werden soll. Das Projekt wird aus Fördermitteln des Quartiersmanagements Magdeburger Platz mit finanziert. Dessen Quartiersrat sieht seine Arbeit damit torpediert. Das Bezirksamt sei den Wünschen des Investors der Neubauten gefolgt, "ohne die Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung der Flottwellstraße zu berücksichtigen". Es seien Fakten geschaffen worden.
In Bezug auf die Arbeiten am Holsteiner und Schleswiger Ufer gegenüber dem Innenministerium kam die Kritik von der Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und vom Bundestagsabgeordneten und Anwohner Christian Ströbele (B90/Grüne). Dort sind Ende Februar entlang des Wassers mindestens sieben große Bäume gefällt worden. "Und das wohl ohne Zustimmung und Kenntnis der Anwohner", moniert Ströbele. Die Bäume hätten allesamt gesund ausgesehen.
Der Adressat der Kritik, Stadtrat Carsten Spallek, wehrt sich gegen diese Vorwürfe der Grünen. Sie seien "sachlich falsch" und würden "jeder Grundlage entbehren". Die Fällungen am Ufer seien "in völliger Übereinstimmung mit den Vorschriften des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege von Berlin durchgeführt" worden. Die Bäume an dieser Stelle seien krank und deshalb nicht mehr verkehrssicher gewesen. "Eine Zustimmung oder Mitwirkung von Anwohnern ist hier weder erforderlich noch sinnvoll."
Die Anwohner seien zudem in allen Fällen "in verschiedenen Presseinformationen sehr wohl über die anstehenden Baumarbeiten informiert worden". Tatsächlich wurden die Arbeiten am Holsteiner und Schleswiger Ufer am 8. Februar in einer Pressemitteilung angekündigt, bevor die Arbeiten am 11. Februar begonnen wurden. Die Fällungen in der Flottwellstraße wurden am 19. Februar angekündigt für die Woche vom 25. bis 28. Februar. Zur Kritik auf die Fällungen an dieser Stelle äußerte sich Spallek nicht.
Fehlende Sensibilität
Ein Kommentar von Ralf Liptau
Die Fällungen der Bäume am Schleswiger und Holsteiner Ufer sind also, so Stadtrat Carsten Spallek (CDU), "in völliger Übereinstimmung" mit dem Gesetz erfolgt. Für die Kritik, die er dafür trotzdem einstecken musste, sieht er deshalb keine Grundlage. Auf die Empörung an der Flottwellstraße geht er gar nicht erst ein. Und beweist damit, dass er nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht. Denn die Anwohner und Bezirkspolitiker sind nicht nur über die Fällungen an sich, sondern in erster Linie darüber empört, dass die schwerwiegenden Eingriffe lediglich ein paar Tage vorher in kurzen Pressemitteilungen angekündigt worden sind. Dass in dieser kurzen Zeit kein Protest, geschweige eine verwaltungsrechtliche Überprüfung realisiert werden konnte, liegt auf der Hand. Dies nun trotzdem als ausreichende Information der Öffentlichkeit darzustellen, spricht wenig für eine ausreichende Sensibilität, die die Verwaltung gerade beim Thema Baumfällungen an den Tag legen sollte.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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