Tiergarten. Von wegen schrecklicher Wotan. Angst machte der kleine "Hinterwäldler" höchstens Pflegern, die befürchten mussten, er komme nicht gesund zur Welt.
Dickkopf ohne Hörnchen, Sanftmut wie bei jedem Baby: Wotan glotzt mit großen Rindsaugen in die Welt, schnuppert sich zaghaft durch sein Gehege am Tierkinderzoo, trappelt wackelig vor Mama Wallies Hufen. Wirft man ihr Schrippen ins Gehege, rollt er mit den Augen, beschnuppert die Köstlichkeit. Und bevorzugt dann doch lieber die prall gefüllte "Milchbar".
Dass er einen solch entzückenden Neuzugang zu bewirten hat, war für Pfleger Ruwen Schulze zunächst nicht sicher. "Eine Stunde hat die Geburt gedauert", berichtet er. "Und wir wussten nicht, ob Wotan es schafft." Fünf Geburtshelfer zogen das Kälbchen schließlich mit Hilfe von Seilen ins Leben, wo es mit seiner Mama erst einmal die Vorzüge einer Einzelunterkunft genießt. "Für eine Begegnung mit Halbschwester Wanda und Vater Werner ist der Kleine noch nicht standfest genug", sagt Schulze.
Mit ihrem kleinen Wuchs und dem fettreichen Fleisch hat Wotans Art in der Zucht inzwischen einen schweren Stand. "Rötlich Gescheckte Hinterwäldler" wie jene im Zoologischen Garten wird man auf den Weiden dieser Welt kaum noch finden. "Diese genügsame Rinderrasse gilt den meisten Bauern schon lange nicht mehr als produktiv genug", sagt Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz. "So ist ihre Haltung zumeist nur noch liebhaberischer Tradition geschuldet." Wotan also ist zum Liebhaben da. Und seinen kriegerischen Namen wird er wohl niemals anders rechtfertigen können als durch seine Hörner.
Thomas Schubert / tsc
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