Im Tiergarten wird der ermordeten Sinti und Roma gedacht
"Eingefallenes Gesicht/ erloschene Augen/ kalte Lippen/ Stille /ein zerrissenes Herz/ ohne Atem/ ohne Worte/ keine Tränen." Dieses Gedicht unter dem Titel "Auschwitz" ist neben dem Reichstagsgebäude in den Rand eines kreisrunden Wasserbeckens eingraviert. Der italienische Dichter Santino Spinelli, der selbst Roma ist, gibt damit die Stimmung vor: Dort soll innegehalten, getrauert und der rund 500 000 Roma und Sinti gedacht werden, die zwischen 1940 und 1945 von den Nazis in den Konzentrationslagern ermordet wurden. Am Mittwoch, 24. Oktober, ist das Denkmal am Rande des Tiergartens zwischen Ebert- und Scheidemannstraße eingeweiht worden. Neben Juden und Homosexuellen wird damit nun auch dieser Opfergruppe in der Mitte der Hauptstadt gedacht. Selbstverständlich sei das nicht gewesen, mahnte der Vorsitzende des Zentralrats deutscher Sinti und Roma, Romani Rose. Der Mord an den damals als "Zigeuner" Herabgewürdigten sei ein "jahrzehntelang verdrängtes Verbrechen". Dabei, so Kanzlerin Merkel, habe dieser Völkermord "tiefe Spuren und noch tiefere Wunden" hinterlassen. Romani Rose betonte, dass es in Deutschland keine Familie der Roma und Sinti gebe, die von dem Verbrechen nicht unmittelbar betroffen sei. "Das prägt unsere Identität bis heute." Die Planung und Realisierung des Denkmals hat rund 20 Jahre gedauert. Mit dem zwölf Meter breiten Wasserbassin hat der israelische Bildhauer Dani Karavan einen zentralen Ort des Gedenkens geschaffen. Umgeben ist dieser nicht nur vom "Auschwitz"-Gedicht, sondern auch von locker über die Wiese verteilten Trittsteinen und Informationstafeln zur Geschichte der Verfolgung durch die Nazis. In der Mitte des Beckens steht eine dreieckige Stele, auf der jeden Tag eine frische Blume abgelegt wird. Die Kosten für das Denkmal in Höhe von 2,8 Millionen Euro trägt der Bund.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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