Nach Modernisierung drohen drastische Mieterhöhungen
Die können die meisten Bewohner nicht zahlen. Sie sind Rentner mit kleinem Geldbeutel. Die gut 40 Quadratmeter großen Ein-Zimmer-Wohnungen wurden ihnen seinerzeit vom Sozialamt Mitte zugewiesen. Das Haus an der Spree ist Mitte der Siebziger vom DGB-Wohnungsunternehmen "Neue Heimat" als Seniorenwohnhaus gebaut worden. Zuletzt gehörte es dem Bezirk Mitte. Der verkaufte es Ende 2007 zusammen mit den Immobilien Bachstraße 4-5 und Spenerstraße 36-38 an eine große private schwedische Wohnbaugesellschaft. Das Familienunternehmen von Roger Akelius hat ab Ende Mai am Hansa-Ufer Großes vor: Neben der üblichen Wärmedämmung der Frontfassade sollen die das Gebäude als Besonderheit auszeichnenden Laubengänge zur Hofseite zugemauert werden, um ein weiteres Stockwerk und darauf zwei Penthauswohnungen setzen zu können. Für sie wird ein zweiter Aufzug eingebaut.
Der Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss samt Küche, Abstellkammer und Toiletten verschwindet ebenso wie das frühere Luftgeschoss und Teile des Gartens, wo ein sechsgeschossiges Wohnhaus entstehen soll. Die Baugenehmigung liegt schon vor. Auf der Internetseite des Unternehmens sind die 66 Wohnungen am Hansa-Ufer aufgeführt, 28 von ihnen "upgraded zu Akelius First Class".
"Allerdings können wir Ihnen schon jetzt versichern, dass der Bestandsschutz Ihrer Mietverträge gesetzlich geregelt ist, es besteht an dieser Stelle kein Anlass zur Sorge", schrieb 2007 eine Sozialamtsmitarbeiterin an die Mieter. "Viele sind verzweifelt", sagt der Vorstand der Hausgemeinschaft. Jaro nennen sie ihn alle. Er gehört zu den jüngeren Bewohnern des Hauses. Über 50 Prozent seien älter als 65 Jahre, fünfzehn zwischen 80 und 90 Jahre, fünf noch älter, so Mietersprecherin Christa Kaes. Einige wohnten dort schon mehr als 25 Jahre. Ihnen drohe der Verlust ihrer Wohnung und ihres sozialen Umfelds.
Die Mietergemeinschaft hat bei Bürgermeister Christian Hanke (SPD) vorgesprochen. Er hat zugesagt, Einblick in die Kaufverträge zu gewähren. "Das Dumme ist nur", so Vorstand Jaro, "dass die Dokumente nicht auffindbar sind."
Die Senioren wollen so schnell nicht aufgeben. Unterstützung erfahren sie von der Seniorenvertreterin des Bezirks, Elke Schilling, von der Diakonie und vom Mieterverein. Von den Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung haben bisher nur die Grünen auf die Hilferufe reagiert.
Die Senioren planen unter anderem eine Mahnwache am Brandenburger Tor und das Anbringen von Transparenten an der Hausfront. Sie haben beim Bürgermeister den Antrag gestellt, die Baugenehmigung für fünf Jahre auszusetzen, um alle Einwände der Mieter zu prüfen, darunter massive Schäden der Bausubstanz. Derzeit prüft auch die Denkmalbehörde, ob das Haus wegen der berlintypischen Laubengang-Architektur unter Denkmalschutz gestellt werden kann. Damit wären die Modernisierungspläne hinfällig.
Jaro will an Bundespräsident Gauck und an den schwedischen König schreiben. Immerhin gibt sich Akelius im Heimatland als Vorzeigeunternehmen mit eigener Stiftung.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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