Schwules Museum erweitert seine Konzeption
Eigentlich ist das Schwule Museum in der Lützowstraße gar kein schwules Museum mehr. Denn spätestens seit dem Umzug im vergangenen Sommer wird dort die ganze Bandbreite geschlechtlicher und sexueller Identitäten thematisiert. "LGBTIQ - Lesbian Gay Bisexual Trans Intersex Queer" heißt der politisch korrekte Begriff, der die ganze Vielfalt dieser Identitäten meint, aber in seiner Länge und Abstraktheit eben auch kaum mehr etwas aussagen kann.
Merken kann sich das sowieso keiner. Deshalb also weiter: "Schwules Museum" - mit einem hochgestellten Sternchen hinter dem Namen als Zeichen dafür, dass sich hinter dem Namen noch vieles andere verbirgt. In der Ausstellung selbst werden die Möglichkeiten der geschlechtlichen Identität dann allerdings voll ausgespielt. Bis zur endgültigen Fertigstellung der neuen Dauerausstellung im kommenden Herbst ist eine Interimsausstellung zu sehen, die die Macher als "assoziative Reise" verstanden wissen wollen. Vor allem anhand von Objekten der bildenden Kunst werden die vorherrschende Geschlechterordnung und die Kämpfe um ihre Veränderung in den vergangenen 200 Jahren thematisiert. Anders als noch in Kreuzberg wird also keine chronologische Schau mit Ereignissen aus der Geschichte der Schwulenbewegung gegeben.
Der Besucher soll sich den Rundgang durch die Ausstellung selbst entwerfen und die Objekte ebenso selbstständig einordnen und bewerten. "Wir wollen vor allem Denkanstöße und Impulse geben", sagt der Assistent der Museumsleitung, Tom Nehiba.
Konkreter werden wohl die beiden Sonderausstellungen, die am Sonnabend, 7. Dezember, eröffnet werden. Eine hat den Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau (1888-1931) zum Thema. Die Homosexualität des Mannes, der vor allem mit dem 1922 aufgeführten Stummfilm "Nosferatu" berühmt geworden ist, ist zu seinen Lebzeiten nie offen thematisiert worden. Zusammen mit der Deutschen Kinemathek zeigt das Schwule Museum nun vor allem Privataufnahmen des Filmemachers aus Tahiti, die bei den Dreharbeiten zu seinem letzten Film "Tabu" entstanden sind. Sie eröffnen einen neuen Blick auf den Kreis seiner Mitarbeiter, Liebhaber und Freunde.
Vielleicht lässt sich aber vor allem an der zweiten Ausstellung die neue Ausrichtung des Museum ablesen. Unter dem Titel "Wenn der Sand sprechen könnte" werden "korrigierende" Vergewaltigungen an offenbar lesbischen Frauen in Kapstadt thematisiert. Die bildende Künstlerin Renata Har und der Schriftsteller und Künstler Conor Creighton haben die Schau mit zwei Betroffenen gestaltet und werden Videos, Fotografien, Skulpturen sowie Ton- und Textdokumente zeigen.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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