Stiftung sieht keinen Anlass zur Restitution des Welfenschatzes
Tiergarten. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sieht keine Notwendigkeit, auf den im Kunstgewerbemuseum befindlichen Welfenschatz zu verzichten. Sie geht auf einen Restitutionsantrag von Nachkommen ehemaliger Eigentümer nicht ein.
Derzeit sind die mittelalterlichen Preziosen wegen des Umbaus des Kunstgewerbemuseums im Bode-Museum zu sehen und sollen nach Abschluss der Arbeiten wieder im Kulturforum gezeigt werden. Aufgrund umfangreicher Recherchen hält die Stiftung nach Worten ihres Präsidenten Hermann Parzinger die Voraussetzungen für die Rückgabe des mittelalterlichen Kirchenschatzes für nicht gegeben. "In allen bisherigen Restitutionsfällen haben wir uns mit den Antragstellern einigen können, nicht jedoch in diesem Fall. Nach unseren Recherchen sind die Voraussetzungen für die Herausgabe des Welfenschatzes an die Erben der Kunsthändler Goldschmidt, Hackenbroch, Rosenberg und Rosenbaum nicht vorhanden", sagt Parzinger. Der Verkauf des Welfenschatzes sei während der Nazidiktatur nicht verfolgungsbedingt als Zwangsverkauf erfolgt, auch wenn die Verkäufer in Deutschland und dem Ausland ansässige Juden waren. Für den gesamten Schatz hätten die Händler 6,75 Millionen Reichsmark und damit etwa 90 Prozent des Ankaufspreises von 1929 erlöst. Der 1936 von Preußen gezahlte Preis habe zwar unter dem Ankaufspreis, aber nicht außerhalb des allgemeinen wirtschaftlichen Risikos gelegen.
Der Reliquienschatz der Braunschweiger Doms St. Blasius setzt sich aus zahlreichen Stiftungen zusammen. 1671 gelangten die Gold- und Silberschmiedearbeiten in den Besitz des Welfenhauses. Die bis 1918 in Braunschweig herrschende Herzogsdynastie verkaufte 1929 das damals noch aus 82 Objekten bestehende Ensemble an ein Händlerkonsortium. Von diesem erwarb 1935 der preußische Staat über die Dresdner Bank 42 Werke für das Berliner Schlossmuseum, aus dem das heutige Kunstgewerbemuseum hervorgegangen ist. Der Welfenschatz befand sich seit Kriegsende in den westalliierten Besatzungszonen beziehungsweise der Bundesrepublik Deutschland und ab 1963 in West-Berlin, wo er auch ausgestellt wurde. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hofft nun, dass die Restitutionsansprüche aufgrund ihrer Argumentation fallen gelassen werden.
Seit den 90er-Jahren sucht die Stiftung in ihren Sammlungen nach Raubkunst. Seither hat sie mehr als 50 Restitutionsersuche bearbeitet und mit berechtigten Anspruchstellern faire und gerechte Lösungen vereinbart. Bisher konnten über 350 Kunstwerke und mehr als 1000 Bücher an die Erben der früheren Eigentümer zurückgegeben werden.
Helmut Caspar / HC
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