Barrierefreiheit ist an vielen Orten im Bezirk noch keine Selbstverständlichkeit
Tiergarten. Hans-Dieter Marquardt und seine Frau sind lebenslustige Menschen. Sie unternehmen viel gemeinsam oder treffen sich mit Freunden. Hans-Dieter Marquardt und seine Frau sitzen im Rollstuhl. Das macht Besuche in Gaststätten immer noch problematisch.
Ein Lokal im Großen Tiergarten würde er schon seit zwei Jahrzehnten „beackern“, erzählt Hans-Dieter Marquardt. „Das ist meine bitterste Erfahrung“, sagt der gelernte Diakon, der sich als „Streetworker in Sachen Barrierefreiheit und Behindertengerechtigkeit“ versteht. Zwar gebe es dort eine mobile Rampe. Aber das Lokal sei sehr beliebt und daher immer voll. Die Kellner fänden selten Zeit, um die Rampe anzulegen. „Oft warten wir über eine halbe Stunde“, berichtet Rollstuhlfahrer Marquardt. „Wir wollen keine Bittsteller sein.“ Marquardt fordert eine feste Rampe. Es müsste doch dafür ein Budget und eine behördliche Erlaubnis geben.
Der 70-Jährige nennt noch andere Negativ-Beispiele im Kiez: ein Café in der Potsdamer Straße, wo er ein Jahr lang um eine mobile Rampe betteln musste, den Nachbarschaftstreff in der Lützowstraße, auf dessen Holzterrasse für Rollstuhlfahrer kein Weg hinaufführt, oder – „eine ganz massive Sache“ – ein neu eröffnetes Lokal im Gleisdreieckpark. Dort, vermutet Hans-Dieter Marquardt, verhindert wohl der Denkmalschutz für das alte Kopfsteinpflaster Rollstuhlfahrer den Zutritt.
Ihre Mitglieder hätten eine „gewisse Verpflichtung“ Barrierefreiheit zu schaffen, heißt es beim Berliner Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Es gälten die Gaststättenverordnung und die Bauordnung. Ausnahmen von dieser Pflicht gebe es unter anderem, wenn unzumutbare Kosten entstehen. Eine feste Rampe könne einen Gastwirt aber kaum ruinieren, meint ein Dehoga-Mitarbeiter.
Beim Ordnungsamt von Mitte verweist man darauf, dass Belange „mobilitätsbehinderter“ Gäste erst seit 1999, nach einer Gesetzesänderung in der Gaststättenverordnung und im Gaststättengesetz, berücksichtigt würden. Für das Café im Großen Tiergarten sei die Betriebserlaubnis aber drei Jahre zuvor erteilt worden. Man könne daher nur an den Gastwirt appellieren, wie bereits einmal im Jahr 2010 geschehen, seinen behinderten Gästen gerecht zu werden. KEN
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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