Die Hoffnung nie aufgegeben: Abdulrahman aus Syrien arbeitet in Berlin wieder als Journalist
Tiergarten. Vor zwei Jahren hatte die Berliner Woche Geflüchtete porträtiert, die in Berlin angekommen waren. Diesmal sprachen wir mit Flüchtlingen, die sich inzwischen eine neue Existenz aufgebaut haben oder gerade dabei sind.
Am Bahnhof Zoo ist viel los. Jede Menge Baustellen, Krach und Touristen. Abdulrahman, geflüchteter Journalist aus Syrien, sitzt dort in einem Café, trinkt zum Feierabend genüsslich einen Espresso. Die Situation an diesem Ort scheint ihm sinnbildlich für seinen Start hier in Berlin.
„Mein Leben war eine einzige Baustelle, es ging nichts voran, ich irrte zwar nicht durch die Straßen, aber die Reise durch den bürokratischen Dschungel war nicht minder aufregend“, bemerkt der ruhig und bescheiden wirkende 38Jährige schmunzelnd. 2015 hatte er eine dreimonatige Flucht auf der Balkanroute hinter sich und wartete in Berlin über ein Jahr auf einen Termin, um seinen Aufenthaltsstatus zu klären. An eine Arbeitsaufnahme war da nicht zu denken. „Ich freute mich sehr, als mir angeboten wurde, eine Geschichte für ein Kinderbuch zu schreiben. Das Buch wurde in arabisch und in vielen anderen Sprachen veröffentlicht." Abdulrahmans Geschichte handelt von vorgetäuschter Freundschaft, die dazu dient, eigene Ziele schneller zu erreichen. „Ein Glück, ich habe hier bisher nur ehrliche Menschen kennengelernt“, bemerkt er lachend.
So kam er in Kontakt mit einer bekannten Berliner Tageszeitung. Die deutschen Kolleginnen und Kollegen wollten eine Ausgabe nur mit geflüchteten Journalisten machen und Aboud, wie ihn seine Freunde nennen, war mit dabei. Seine arabischen Texte wurden übersetzt. Insbesondere der Text über das herrliche Hundeleben in Berlin kam gut an.
„Am Anfang, gleich nach meiner Flucht, war ich eher pessimistisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich hier in meinem Beruf arbeiten kann. Denn mein Deutsch wird nie ausreichen, um als Journalist Fuß zu fassen.“
Durch die Erfahrung mit der Zeitung ermutigt, bewarb er sich für das Projekt Amal Berlin der Evangelischen Journalistenschule. Jetzt leitet der Syrer die arabische Redaktion. Amal Berlin ist eine Internet-Plattform, auf der in Arabisch, Farsi und Deutsch über Berliner Themen berichtet wird. Amal bedeutet im Arabischen Hoffnung und die gibt das Team um Aboud nicht so schnell auf. „Eine gewisse Hartnäckigkeit haben wir alle auf der Flucht gelernt“, erklärt er.
„Ich bin sehr glücklich, dass wir erst einmal für 18 Monate eine Finanzierung haben. Unser Team ist toll und sehr wichtig für mich. Wir sind acht Medienprofis aus Syrien, Ägypten, Afghanistan und dem Iran.“ Auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind, wie er augenzwinkernd zugibt, „was am Ende zählt, ist doch, dass wir uns ernst nehmen und respektieren.“
Viel Zeit für Hobbys bleibt da nicht. Vormittags drückt der Syrer die Schulbank, um sein Deutsch zu verbessern. Danach startet sein Job in der Redaktion in Tiergarten. Eigentlich wollte der Hobbysänger unbedingt syrische Folksongs in Berliner Clubs singen. Bisher ölt er seine Stimmbänder im Begegnungschor, für den er auch Songs ins Arabische übersetzt. Angelika Ludwig
Autor:Angelika Ludwig aus Weißensee |
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