Die Hoffnung nie aufgegeben: Abdulrahman aus Syrien arbeitet in Berlin wieder als Journalist

Abdulrahman in der Redaktion von Amal Berlin. | Foto: Angelika Ludwig
  • Abdulrahman in der Redaktion von Amal Berlin.
  • Foto: Angelika Ludwig
  • hochgeladen von Angelika Ludwig

Tiergarten. Vor zwei Jahren hatte die Berliner Woche Geflüchtete porträtiert, die in Berlin angekommen waren. Diesmal sprachen wir mit Flüchtlingen, die sich inzwischen eine neue Existenz aufgebaut haben oder gerade dabei sind.

Am Bahnhof Zoo ist viel los. Jede Menge Baustellen, Krach und Touristen. Abdulrahman, geflüchteter Journalist aus Syrien, sitzt dort in einem Café, trinkt zum Feierabend genüsslich einen Espresso. Die Situation an diesem Ort scheint ihm sinnbildlich für seinen Start hier in Berlin.

„Mein Leben war eine einzige Baustelle, es ging nichts voran, ich irrte zwar nicht durch die Straßen, aber die Reise durch den bürokratischen Dschungel war nicht minder aufregend“, bemerkt der ruhig und bescheiden wirkende 38Jährige schmunzelnd. 2015 hatte er eine dreimonatige Flucht auf der Balkanroute hinter sich und wartete in Berlin über ein Jahr auf einen Termin, um seinen Aufenthaltsstatus zu klären. An eine Arbeitsaufnahme war da nicht zu denken. „Ich freute mich sehr, als mir angeboten wurde, eine Geschichte für ein Kinderbuch zu schreiben. Das Buch wurde in arabisch und in vielen anderen Sprachen veröffentlicht." Abdulrahmans Geschichte handelt von vorgetäuschter Freundschaft, die dazu dient, eigene Ziele schneller zu erreichen. „Ein Glück, ich habe hier bisher nur ehrliche Menschen kennengelernt“, bemerkt er lachend.

So kam er in Kontakt mit einer bekannten Berliner Tageszeitung. Die deutschen Kolleginnen und Kollegen wollten eine Ausgabe nur mit geflüchteten Journalisten machen und Aboud, wie ihn seine Freunde nennen, war mit dabei. Seine arabischen Texte wurden übersetzt. Insbesondere der Text über das herrliche Hundeleben in Berlin kam gut an.

„Am Anfang, gleich nach meiner Flucht, war ich eher pessimistisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich hier in meinem Beruf arbeiten kann. Denn mein Deutsch wird nie ausreichen, um als Journalist Fuß zu fassen.“

Durch die Erfahrung mit der Zeitung ermutigt, bewarb er sich für das Projekt Amal Berlin der Evangelischen Journalistenschule. Jetzt leitet der Syrer die arabische Redaktion. Amal Berlin ist eine Internet-Plattform, auf der in Arabisch, Farsi und Deutsch über Berliner Themen berichtet wird. Amal bedeutet im Arabischen Hoffnung und die gibt das Team um Aboud nicht so schnell auf. „Eine gewisse Hartnäckigkeit haben wir alle auf der Flucht gelernt“, erklärt er.

„Ich bin sehr glücklich, dass wir erst einmal für 18 Monate eine Finanzierung haben. Unser Team ist toll und sehr wichtig für mich. Wir sind acht Medienprofis aus Syrien, Ägypten, Afghanistan und dem Iran.“ Auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind, wie er augenzwinkernd zugibt, „was am Ende zählt, ist doch, dass wir uns ernst nehmen und respektieren.“

Viel Zeit für Hobbys bleibt da nicht. Vormittags drückt der Syrer die Schulbank, um sein Deutsch zu verbessern. Danach startet sein Job in der Redaktion in Tiergarten. Eigentlich wollte der Hobbysänger unbedingt syrische Folksongs in Berliner Clubs singen. Bisher ölt er seine Stimmbänder im Begegnungschor, für den er auch Songs ins Arabische übersetzt. Angelika Ludwig

Autor:

Angelika Ludwig aus Weißensee

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Team von Optik an der Zeile freut sich auf Ihren Besuch. | Foto: privat

Optik an der Zeile
16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024

40 Jahre Augenoptik-Tradition im Märkischen Viertel, das feiern wir immer noch in diesem Jahr 2024. Feiern Sie mit uns und profitieren Sie von unseren Jubiläumsangeboten. Kommen Sie zu uns und staunen Sie über die Vielfalt der Angebote. Anlässlich unserer 16. Brillenmesse vom 5. bis 7. Dezember 2024 bieten wir Ihnen die gesamte Kollektion namhafter Designer. Sie können aus einer riesigen Auswahl Ihre Brille finden. Mit vielen schönen Brillengestellen und den Brillengläsern von Essilor und...

  • Märkisches Viertel
  • 13.11.24
  • 546× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 835× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 811× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 1.189× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.