"Unverständlicher Sinneswandel"
Kein Geld mehr für Awo-Obdachloseneinrichtung für Frauen
Senat und Bezirksamt Mitte finanzieren nicht länger die Obdachloseneinrichtung für Frauen in der „Pumpe“. Der Betreiber der Einrichtung, der Kreisverband Mitte der Arbeiterwohlfahrt (Awo), zeigt sich angesichts dieser Entscheidung „fassungslos“.
In Räumlichkeiten des Jugendkulturzentrums „Pumpe“ in der Lützowstraße 42, dessen Träger die Awo ist, wurden seit November im Rahmen der Berliner Kältehilfe 17 Frauen betreut. Der Vertrag zur Kältehilfe endete am 22. März. Im Hinblick auf die Corona-Krise hatte der Kreisverband Mitte der Arbeiterwohlfahrt der Bezirks- und Landesverwaltung angeboten, die Betreuung der Frauen mit dem vorhandenen Personal, darunter auch viele Ehrenamtliche, fortzuführen. Die Awo begründete ihren Vorstoß mit der „so massiv in der Öffentlichkeit vorgetragenen Aufforderung“ von Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), „den Bestand an Obdachloseneinrichtungen zu erweitern“.
„Die bisherigen Erfahrungen und die großartige Arbeit, die in der ‚Pumpe‘ geleistet wird, bestätigen die Notwendigkeit dieser Maßnahme. Sowohl Fachleute aus dem Bezirk und sogar Senatorin Breitenbach haben sich wohlwollend darüber geäußert“, sagt der Vorsitzende der Awo Mitte, Manfred Nowak. Der jetzt erfolgte Sinneswandel sei unverständlich. In einem besonderen sozialen Brennpunkt würden obdachlose Frauen in „problembehaftete Lebenssituationen geschickt“, befürchtet Nowak.
Bezirks allein kann Unterbringung nicht finanzieren
Das Bezirksamt Mitte bedauere die Schließung, so Bezirksamtssprecher Christian Zielke. Man habe bei den Senatsverwaltungen für Inneres sowie für Finanzen um eine Weiterfinanzierung „geworben“, ohne Erfolg. Der Bezirk alleine könne die Einrichtung nicht finanzieren, sagt Zielke mit dem Hinweis, die Awo habe für ihr Angebot pro Platz und Tag beziehungsweise Nacht einen dreistelligen Betrag verlangt. Zudem sollen die Räume der „Pumpe“ bald wieder der Jugendförderung zur Verfügung stehen, so Christian Zielke.
Das Bezirksamt Mitte macht darauf aufmerksam, dass es für die betroffenen Frauen in unmittelbarer Nähe der „Pumpe“, in der Kluckstraße, eine Unterbringungsmöglichkeit gibt. Das Land Berlin hat die dortige Jugendherberge angemietet, um „für die Dauer des pandemischen Geschehens“ die „Überlebenssicherung auf der Straße lebender Menschen“ zu gewährleisten, so Breitenbachs Sprecherin Silke Adamczyk.
Damit ist Sozialsenatorin Elke Breitenbach vielleicht schon auf dem Weg, den die Unterzeichner eines offenen Briefes beschreiten wollen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Berliner Hochschulen für Soziale Arbeit fordern die Senatorin auf, Hotelzimmer für die Einzelzimmerunterbringung wohnungsloser Menschen anzumieten.
Die Herberge in der Kluckstraße sei derzeit zwar mit 200 Obdachlosen belegt, so Bezirksamtssprecher Christian Zielke, die von der Awo betreuten Personen könnten jedoch auf der separaten Frauenetage aufgenommen werden. Und dann sei da noch das Sozialamt, das in reguläre Hilfsangebote außerhalb der erweiterten Kältehilfe vermittle.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.