Die denkende Pillendose
Canisius-Kollegiaten gewinnen Landesentscheid der Bildungsinitiative Business at School
Es gibt Erkrankungen, bei denen die vergessene Tabletteneinnahme fatale Folgen haben kann. Damit so etwas nicht passiert, haben fünf junge Leute des Canisius-Kollegs in Tiergarten eine „smarte“ Tablettendose mit zugehöriger App entwickelt – und damit den ersten Platz beim Berliner Landesentscheid der Bildungsinitiative „business@school“ der Münchner Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) belegt.
„Als Ludwig uns anfangs von seiner Idee erzählte, haben wir alle den Bedarf sofort erkannt“, erzählt Helen Siepmann. „Meine Großeltern wohnen zum Beispiel nicht in Berlin – meine Eltern und ich können sie deshalb nicht bei der Einnahme ihrer Tabletten unterstützen“, so die 16-jährige Schülerin des katholischen Gymnasiums an der Tiergartenstraße.
Ähnliches schildert Ideengeber Ludwig Schede. Erst mit einer Freundin und dann gemeinsam mit den anderen Mitschülerinnen, neben Helen Siepmann Anna Rosero (16), Lea Tschakarov (17) und Leni Kulis (16), habe er eine Zeitlang überlegen müssen, wie dem Problem, das durch Corona noch plastischer zu Tage getreten sei, zu begegnen sei. „Unser Produk ‚'Patron'‘ ermöglicht es den Angehörigen, immer auf dem Laufenden zu sein, ohne zum Beispiel den Großeltern mit ständigen Anrufen auf die Nerven zu gehen“, sagt Ludwig Schede.
App infomiert Angehörige
Die Gruppe entwickelte ihre „denkende“ Tablettendose mit Namen „Patron“. Unterstützung fanden die junge Leute bei einem Osnabrücker Unternehmen, das im Bereich der Digitalisierung der Energiewirtschaft tätig ist, sowie bei einem Hersteller elektronischer Leiterplatten bei Bonn. „Zwar sind wir alle technisch sehr interessiert und haben zum Teil Informatikkurse in der Schule besucht, hatten aber mit smarten Haushaltsgeräten und deren Programmierung nicht sehr viel Erfahrung“, so Schede.
Die Pillendose ist mit einem Alarm ausgestattet. Er erinnert an die Einnahme der Tabletten. Werden die Medikamente nicht eingenommen, wird ein Angehöriger über eine zugehörige App informiert – und kann so unter Umständen Leben retten.
Aufgrund von Corona musste der Berliner Landesentscheid zum ersten Mal digital stattfinden; statt sich mit Betreuern und Lehrkräften in der Schule zu treffen, um an der Idee und ihrer Präsentation zu feilen, musste das Canisius-Team sich nun per Videoschalte austauschen. „Der Unterschied zur Zusammenarbeit vor der Schulschließung war schon sehr groß. Aber wir hatten den Vorteil, dass wir als Team bereits gut eingespielt waren. Unsere Präsentation haben wir dann in täglichen Telefonkonferenzen ausgearbeitet“, berichtet Leni Kulis. Unterstützung kam von der Bildungsinitiative. Ihre Geschäftsidee vorgestellt und die kritischen Fragen der Jury beantwortet haben Helen, Ludwig, Anna, Lea und Leni in einer Videokonferenz.
Interessant für Betreutes Wohnen und Seniorenwohnanlagen
Das Canisius-Team wird Berlin am 22. Juni beim, in diesem Jahr ebenfalls digitalen, Deutschlandfinale vertreten. Dann treten sie gegen acht weitere Gewinner der anderen Vorentscheide an.
Sie könnten sich gut vorstellen, ihre Idee nach dem Abitur tatsächlich zu verwirklichen, sagt Anna Rosero. „Wir sehen einen starken Bedarf bei älteren Leuten.“ Ludwig Schede ergänzt: „Wir sind jetzt schon mit dem Deutschen Roten Kreuz und der Deutsche Wohnen SE im Gespräch, unser Produkt für deren Einrichtungen des betreuten Wohnens zu optimieren.“ Neben Einrichtungen des Betreuten Wohnens und Seniorenanlagen könnten auch Krankenhäuser und Pflegedienste Interesse an der Erfindung haben. „Unsere Marktanalyse hat ergeben, dass es enorm viele potentielle Nutzer gibt, da nicht jeder vergessliche Mensch gleich ein Pflegefall ist und ‚Patron‘ auch für Krebspatienten oder andere Menschen mit lebenswichtigen Medikamenten eine große Unterstützung darstellt“, sagen die Canisius-Kollegiaten.
In der BCG-Bildungsinitiative engagieren sich Schulen und mehr als 20 Unternehmen aus der Wirtschaft gemeinsam mit dem Ziel, Schülern der Oberstufe Wirtschaftsthemen praxisnah zu vermitteln. Jedes Jahr beteiligen sich rund 1500 Schüler an 90 Schulen mit gymnasialer Oberstufe in Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz und den USA an „business@school“.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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