Info-Stele und Bank statt Gedenkort
FDP fordert historische Aufarbeitung zum Wolffsohn-Grundstück am Stölpchensee
Vier Jahre ist es her, dass die Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf beschlossen hat, am Stölpchensee einen Gedenkort samt Naherholungspunkt für den Kinopionier Karl Wolffsohn zu errichten. Für die FDP-Fraktion ein Grund, einmal nachzufragen was daraus geworden ist. Denn getan hat sich bisher nichts.
Von einem Gedenkort ist inzwischen keine Rede mehr, wie Katharina Concu, kulturpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bezirk erfuhr. Das Bezirksamt plant stattdessen lediglich eine Informationsstele zu errichten. „Natürlich ist eine Stele besser als gar nichts“, sagt Concu, die auch dem Ausschuss für Bildung und Kultur vorsitzt. Doch fragt sie sich, ob die Verantwortlichen im Bezirk die Tragweite des Sachverhalts begriffen haben.
Hintergrund der Geschichte ist, wie der Bezirk einst in den Besitz des Grundstückes gekommen ist. Das Grundstück am Stölpchensee gehört seit 1965 dem Bezirk. Der Erwerb blieb damals nicht ohne Kritik. Der jüdische Unternehmer, Verleger und Kinopionier Karl Wolffsohn kaufte in den 1920er Jahren am südöstlichen Zipfel des Sees das Grundstück. Damals war es mit einer großen Villa bebaut und wurde bewohnt. In den Jahren ab 1933 wurde Karl Wolffsohns Besitz nach und nach arisiert. Das betraf auch sein Grundstück am Stölpchensee. Wolffsohn schaffte es, Anfang 1939 mit seiner Familie zu fliehen und überlebte so den Holocaust. Nach dem Krieg kehrte er 1949 zurück nach Berlin, um sich seinen Besitz juristisch zurück zu erkämpfen. 1954 bekam er sein Grundstücks am Stölpchensee zurück. An den Bezirk wurde es 1965 verkauft.
Concu hat in den vergangenen Monaten Akteneinsicht genommen und umfangreiche Fragen zum Grundstück am Stölpchensee gestellt. Sie legt dem Bezirk nahe, seine Rolle beim Erwerb des großen Ufergrundstückes am Stölpchensee zu hinterfragen und historisch vollumfassend aufzuarbeiten. Konkret geht es darum zu verstehen, warum eine jüdische Familie nach erfolgreicher Restitution ihr Grundstück verkaufen sollte und welche Rolle der damalige Bürgermeister von Zehlendorf Willy Stiewe dabei spielte. Der Vorwurf: Wolffsohn wurde unter dem Vorwand, dort eine öffentliche Grünanlage einrichten zu wollen, zum Verkauf des Grundstücks gedrängt. Eine Grünanlage gibt es an diesem Ort bis heute nicht. Das damals vom Bezirk vorgetragene öffentliche Interesse eines Seezugangs sei nur ein Vorwand gewesen, um wie bereits zu NS-Zeiten der Familie ihr Eigentum abzunehmen, kritisiert Concu.
Katharina Concu mahnt, dass sich das Bezirksamt seiner braunen Vergangenheit in den ersten Jahrzehnten der jungen Bundesrepublik bewusst werden müsse. Sie vermutet, dass die persönliche Einstellung des Ex-Bürgermeisters Stiewe dazu führte, dass der Bezirk zwischen 1955 und 1965 mit Nachdruck den Erwerb des Grundstücks der jüdischen Familie Wolffsohn am Stölpchensee verfolgte und spielt damit auf die NS-Vergangenheit des Journalisten Stiewe an. Wie Studien aus dem Jahr 2008 zeigen würden, sei Willy Stiewe keinesfalls einfach nur Journalist während der NS-Zeit gewesen, sondern der bedeutendste zeitgenössische Fachautor zum Pressefoto im NS-Staat. „Als treuer Anhänger des NS-Regimes wird er nach 1945 seinen Hass auf Juden mit Sicherheit nicht abgelegt haben“, vermutet die FDP-Politikerin. Sie fordert daher, dass der Bezirk seine Rolle beim Erwerb des großen Ufergrundstückes am Stölpchensee vollumfassend aufarbeitet. „Es geht um Transparenz, aber auch um Gerechtigkeit. Vielleicht ist die Errichtung der Stele ein erster Schritt dahin“, sagt Concu, stellt aber die Frage, ob das als Wiedergutmachung reichen würde.
Der Bezirk erklärt dazu, dass die Liegenschaft sich inzwischen im Fachvermögen der Berliner Forsten befindet. Daher müssten sämtliche Maßnahmen bei der zuständigen Senatsverwaltung beantragt werden. Bei einer Umwidmung in eine öffentliche Grünanlage würde das Gebiet wieder in die Zuständigkeit des Bezirkes fallen. Rechtlich würde dann das Grünanlagengesetz gelten, sodass der Bezirk die Verkehrssicherheit garantieren müsste. Dann müssten auch Kapazitäten für die dauerhafte Bewirtschaftung und Unterhaltung bereitgestellt werden. Daher habe man sich entschieden, am Eingangsbereich des Waldes am Stölpchenweg östlich der Hubertusbrücke einen kleinen, ein paar Quadratmeter großen „Vorplatz“ mit einer Bank und Infostele zu errichten.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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