Wannsee. Als Beitrag zum Berliner Themenjahr "Zerstörte Vielfalt" erinnert eine Ausstellung im Haus der Wannseekonferenz gemeinsam mit dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand bis zum 31. Oktober an den jüdischen Widerstandskämpfer und Auschwitz-Überlebenden Joseph Wulf.
Der vor einhundert Jahren geborene Wulf war einer der Vorreiter der Forschung in Deutschland über die Verbrechen des Nationalsozialismus. Nach seiner Befreiung aus dem Vernichtungslager Auschwitz lebte Wulf zunächst in Polen, ging dann aber nach Paris und ließ sich 1952 in Berlin (West) nieder. Da er sich bereits in den 1960-er Jahren für die Einrichtung eines "Dokumentationszentrums zur Erforschung des Nationalsozialismus und seiner Folgeerscheinungen" in dem Haus am Großen Wannsee 56-58 einsetzte, in dem am 20. Januar 1942 die berüchtigte Wannsee-Konferenz stattfand, hat er für die Gedenk- und Bildungsstätte besondere Bedeutung. Im Nachkriegsdeutschland machte er es sich zur Aufgabe, den Holocaust zu erforschen und die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren.
Obwohl es im durch Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen geprägten Zeitgeist in der Bundesrepublik Deutschland durchaus viele Befürworter seines Plans gab, das Haus der Wannseekonferenz in eine Gedenk- und Bildungsstätte umzuwandeln, stieß Wolf mit seiner Forderung beim Westberliner Senat auf wenig Resonanz. Resigniert stellte er einmal fest - und dieses Zitat findet sich auch in der Ausstellung -, er habe 18 Bücher über das Dritte Reich geschrieben, doch hätten diese keine Wirkung gehabt. "Du kannst dich bei den Deutschen tot dokumentieren, es kann in Bonn die demokratischste Regierung sein und die Massenmörder gehen frei herum, haben ihr Häuschen und züchten Blumen".
Erst nach Wulfs Freitod am 10. Oktober 1974 kam Bewegung in das Vorhaben, und so konnte die Gedenk- und Bildungsstätte im Januar 1992 eröffnet werden, ein halbes Jahrhundert nach der Tagung "mit anschließendem Frühstück", in der hohe NS-Funktionäre Einzelheiten für die Ermordung von mindestens elf Millionen europäischen Juden festlegten.
Die Ausstellung "Meine eigentliche Universität war Auschwitz" zeichnet das Leben des streitbaren Publizisten nach. Die sehenswerte Schau über Joseph Wulf kann von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt besichtigt werden. Auch die Bibliothek und die Mediathek können montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr genutzt werden. Führungen werden am Sonnabend und Sonntag um 16 und 17 Uhr angeboten.
Helmut Caspar / HC
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