Im Norden des Bezirks grasen fünf seltene Shorthorn-Rinder
Auf den Wartenberger und Falkenberger Wiesen grasen seit Kurzem Rinder der seltenen Rasse „Deutsches Shorthorn“. Die Wiederkäuer hat der Verein Naturschutz Berlin-Malchow erstanden – für die Landschaftspflege und um die bedrohten Tiere zu retten. Denn Shorthorn-Rinder mit Hörnern gibt es kaum noch.
„Landschaftspfleger bei der Arbeit“, sagt Beate Kitzmann und schaut zufrieden auf junge Bullen, die mit den Nasen am Boden über die novembernasse Koppel trotten. „Man könnte auch sagen, sie fressen für den Naturschutz!“ Die Geschäftsführerin des Vereins Naturschutz Berlin-Malchow kann sich an den Tieren gar nicht satt sehen. Hübsch sind sie alle. Und noch recht klein, erst zwischen sechs und 13 Monate alt. Ein Bulle aber überragt die anderen nicht nur, er sieht auch ganz anders aus. In Fellfarbe und Statur unterscheidet sich das weiß gefleckte Deutsche Shorthorn von den Schottischen Hochlandrindern, mit denen es sich gerade die Wiese teilt. „Darf ich vorstellen: Freeman, unser ganzer Stolz“, sagt Beate Kitzmann.
Freeman ist gerade erst mit vier Shorthorn-Jungkühen aus Nordfriesland angereist. Die Tiere zählen zu den aktuell weniger als 30 hier beheimateten gehörnten Exemplaren dieser weltweit ältesten, lebenden Kulturrasse. „Es gibt generell nur noch wenige Landwirte, die Rinder mit Hörnern halten“, erzählt die Expertin vom Naturschutzverein. Der Trend gehe schon lange zu Tieren ohne den wehrhaften Kopfschmuck. Grundsätzlich geschehe das, um die Verletzungsgefahr in den Ställen und untereinander zu minimieren. „Aber es ist doch unmöglich, einer Rasse das namensgebende Merkmal wegzuzüchten.“ Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) hat das Deutsche Shorthorn inzwischen auf die rote Liste gesetzt, denn insgesamt ist der Bestand auf rund 200 Tiere geschrumpft.
Ursprünglich kommt die Rasse – wie der Name ahnen lässt – aus Nordengland; Viehhalter aus Schleswig-Holstein züchteten im 19. Jahrhundert eine deutsche Linie. Die mittelgroßen Rinder mit ihrem muskulösen, kantigen Körperbau sind an maritimes Klima ebenso gewöhnt wie an wechselfeuchte Böden. Heißt: Sie halten nasskaltes Wetter gut aus und sind überdies beim Futter genügsam. Ihren Namen verdanken sie den leicht nach vorn gebogenen, kurzen Hörnern.
„Arbeitsaufgabe“ der Wiederkäuer ist es nun, für Biodiversität – also Artenvielfalt – zu sorgen. Indem sie grasen, ermöglichen sie Wildkräutern, Klee und Gräsern, zu gedeihen. Ohne die vierbeinige Landschaftspflege würde rasch ein Wald heranwachsen. „Die Rechnung ist einfach“, erläutert Beate Kitzmann. „Wenn es viele unterschiedliche Pflanzen gibt, gibt es viele verschiedene Insekten, Vogelarten und so weiter. Nehmen wir den Zitronenfalter. Als ich ein Kind war, gab es den in Unmengen. Heute sieht man die gelben Falter kaum noch. Warum? Der Zitronenfalter braucht den Faulbaum als Lebensgrundlage und den gibt es in unseren Breiten fast nicht mehr. Also sind auch die Zitronenfalter fort.“
Der Verein Naturschutz Berlin-Malchow leistet seit über 20 Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet der Pflege und Gestaltung von Biotopen, indem er Rinder auf den stadtnahen Weiden hält. 100 Tiere nennt der Verein sein Eigen, sie grasen in Wartenberg und Falkenberg, in Pankow und Marzahn-Hellersdorf. Für seinen neuesten Erwerb hat er 10 000 Euro von der Stiftung Naturschutz bekommen.
Erst einmal bleibt Shorthorn-Bulle Freeman von den vier Kühen getrennt. „Für Nachwuchs sind sie noch zu jung“, erklärt Bernd Pasewald, Teamleiter für den Bereich Biolandschaft beim Verein. „Aber im Frühjahr lassen wir sie zusammen. Dann können wir 2019 schon mit Kälbern rechnen.“ Denn das ist das Ziel: Freeman und „seine“ Frauen sollen dafür sorgen, dass der Bestand wieder zunimmt. Dann könnte es in einigen Jahren im Naturhofladen auch biozertifizierte Shorthorn-Steaks geben. Die Rasse ist bekannt für eine hervorragende Fleischqualität.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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