„Dieses Bauvorhaben ist respektlos“
Geplante Bebauung der „Westendgärten“ ruft Politik und Denkmalschutz auf den Plan

Erik Esche kämpft für die Mietergärten an der Westendallee. 151 Parzellen sollen einem Bauprojekt zum Opfer fallen.  | Foto: K. Rabe
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  • Erik Esche kämpft für die Mietergärten an der Westendallee. 151 Parzellen sollen einem Bauprojekt zum Opfer fallen.
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Die Initiative „Grüne Westendallee“ kämpft gegen eine geplante Bebauung der Mietergärten hinter den Wohnhäusern Westendallee 77-91. Kürzlich wurde daher zu einer Videokonferenz für Anwohner eingeladen, um über den aktuellen Stand der geplanten Bebauung zu informieren. Zu Wort kamen auch die geladenen Vertreter aus Abgeordnetenhaus und Denkmalbeirat.

Wie sehr dieses Thema den Anwohnern auf der Seele brennt, zeigte sich nicht zuletzt an der regen Teilnahme an der Konferenz. Per Zoom hatten sich über 70 Teilnehmer zugeschaltet. Immerhin geht es um ihr Wohnumfeld, das durch den Bau von fünf viergeschossigen Einzelgebäuden mit insgesamt 250 bis 350 Studentenwohnungen beeinträchtigt wird. Noch in diesem Jahr soll die Bebauung starten. Nahezu alle 151 Mietergärten, die sich auf der schmalen Fläche hinter den Wohnhäusern Westendallee 77-91 befinden, würden wegfallen. Zudem müssten die neuen Gebäude wegen des geringen Platzes – das Grundstück ist gerade mal 23 Meter breit – sehr nah an den Bestandsgebäuden errichtet werden, was zu einer massiven Verschattung der Wohnungen führe und die Privatsphäre der Anwohner extrem bedrohe, so die Befürchtungen der Anwohner.

Wohnensemble und Mietergärten
stehen unter Denkmalschutz

Zur Umsetzung ihrer Ziele, hat die Bürgerinitiative inzwischen zahlreiche Unterstützer quer durch alle Parteien gefunden. CDU, SPD, Linke sowie Grüne sind sich einig, dass eine Bebauung an dieser Stelle nicht genehmigt werden dürfe. Auch deshalb, weil das 1920 erbaute Wohnensemble einschließlich der Mietergärten unter Denkmalschutz steht.

Sind Tauschgrundstücke die Lösung?

Unterstützt wird die Initiative seitens der Politik auch bei ihrem Vorschlag, Tauschgrundstücke als Alternative anzubieten. In Frage käme unter anderem ein Grünstreifen an der Reichsstraße zwischen einem verwaisten Spielplatz und dem Hundeauslaufgebiet. Dafür plädiert Ülker Radziwill, SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen im Abgeordnetenhaus. Auf dem einstigen Spielplatz, der seit zirka 25 Jahren nicht mehr genutzt wird, gäbe es keine Bäume. Es müsste hier also nicht gefällt werden. Die wenigen Bäume auf der Grünfläche könnten ihrer Ansicht nach erhalten bleiben. Eine Prüfung dieses Standortes würde sich durchaus lohnen, sagt Radziwill.

Die Grünen hingegen favorisieren die vom Bezirksamt vorgeschlagenen Flächen. Das ist einmal der Parkplatz am Olympiastadion und zum anderen der Parkplatz am ICC. Diese Flächen seien bereits versiegelt. „Es kann nicht das Anliegen sein, von einer Grünfläche auf die andere auszuweichen“, sagt Daniela Billig, Abgeordnete für die Grünen.

Planungsrechtlich bedenklich

Michael Nelken von den Linken und Sprecher für Bauen und Wohnen wiederum hält es für nicht sinnvoll, andere Flächen anzubieten. Viel mehr sollten städtebauliche und denkmalrechtliche Gesichtspunkte stärker betrachtet werden. Seiner Meinung nach könnte aus planungsrechtlicher Sicht dort keinesfalls gebaut werden. „Das Vorhaben ist unerträglich und widerspricht Planungsrecht und Denkmalschutz“, betont Nelken. Noch drastischer formuliert es Wilfried Wang vom Denkmalbeirat des Bezirks: „Das Vorhaben ist respekt- und gedankenlos den denkmalgeschützten Bestandsgebäuden gegenüber.“

Seine Unterstützung sichert auch der CDU-Abgeordnete Andreas Statzkowski zu. Als Wahlkreisabgeordneter für Westend möchte er die Interessen der Anwohner vertreten mit dem Ziel, die Mietergärten zu erhalten und die Anwohner-Initiative weiter zu unterstützen. Darüber hinaus regt er einen überfraktionellen Antrag an, in dem der Senat aufgefordert wird, den Investoren Austauschgrundstücke anzubieten.

Auf positive Resonanz stößt auch die Idee der Anwohner, die Mietergärten für andere zu öffnen. nicht mehr genutzte Gärten könnten zum Beispiel Kleingärtnern überlassen werden, die wegen Schließung ihrer Heimatkolonie jetzt keinen Garten mehr haben. Eine andere Möglichkeit ist, einige Gärten Schulen als Schulgarten zur Verfügung zu stellen.

Erik Esche, Vorsitzender der Anwohnerinitiative, ist sehr zufrieden mit der Zoom-Veranstaltungen. „Es ist eine tolle erste Etappe. Alle vier Fraktionen aus dem Abgeordnetenhaus haben eine klare Aussage für den Erhalt der Mietergärten getroffen“, sagt er. Auch wenn noch keine Einigkeit darüber herrsche, mit welchen Mitteln die Bebauung verhindert werden könne, zeigt er sich zuversichtlich, dass am Ende eine Lösung zugunsten der Anwohner möglich sei. Unter anderem steht noch die Einschätzung des Landesdenkmalamtes aus.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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