Kolonie Buchenweg in Eichkamp feiert 70-jähriges Bestehen
Westend. Aus notwendiger Eigenversorgung wurde verpflichtender Obst- und Gemüseanbau, aus mit harter Arbeit zu bewirtschaftendes Ackerland idyllisches Refugium. Die Kolonie Buchenweg in der Eichkamp-Siedlung feiert am Sonnabend, 23. September, ihr 70-jähriges Bestehen.
Dieter Stoltmann ist in die Rolle des Laubenpiepers quasi hineingeboren worden. Seine Eltern haben das Strauchland im Schatten des Messegeländes gerodet und zu Ackerland gemacht. Das war 1947, also kurz nach dem Krieg, als Berlin viele Flächen den Bürgern für die Eigenversorgung zur Verfügung stellte. Da war Stoltmann gerade einmal vier Jahre alt. Er erinnert sich gut an die ersten Jahre in der Kolonie: „Wir durften in bestimmten Zeiten auf der benachbarten Tennisanlage des SC Charlottenburg Wasser für unsere Mohrrüben, Kartoffeln und unseren Kohl abzapfen. Das haben meine Eltern dann mit Gießkannen und Eimern in eine Badewanne gefüllt.“ Nicht minder mühselig war die Einfriedung der Parzellen. „Wir haben uns mit alten Bettgestellen, gefunden in Ruinen, davor geschützt, dass unser Ernte in falsche Hände gelangte“, sagt Stoltmann.
Noch drei Familien aus der Gründerzeit
Stoltmann vertritt eine von nur noch drei Familien, die seit der Gründung der Kolonie dabei sind. Heute hat er eine schmucke Holzlaube und ist stolz auf seine Bohnenranken, die er gerade abgeerntet hat. Seine Kinder sind wie er mit dem Kleingarten auf- und der Schaukel im Garten längst entwachsen. „Weil sie irgendwann groß waren, haben meine Frau und ich überlegt, den Garten aufzugeben. Das wollten die Kinder aber nicht und deshalb habe ich vor zehn Jahren diese Laube gebaut“, sagt er. Nicht einmal die Schaukel durfte er abbauen. Sie ist sehr beliebt bei den Kindern aus den anderen Gärten, die in letzter Zeit wieder etwas mehr geworden sind.
53 Parzellen zählt die Kolonie am Buchenweg 32-34. Einige sehen aus wie geleckt, andere haben eher Biotopcharakter. Füchse, Fledermäuse und Reiher zählen ebenso zu den Gästen wie die „alten“ Eichkamper aus der benachbarten Einfamilienhaussiedlung, die sich gerne die Gärten an den beiden mit Rasen bepflanzten Wegen der Kolonie angucken. Bienenstöcke sorgen für kolonieeigenen Honig. Mandy Gutzeit, im Verein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, beschreibt die Anlange so: „Obwohl wir eine relativ kleine Kolonie sind, ist das hier sehr vielseitig.“ Das Klischee des spießigen Kleingärtners erhalte dort keine Nahrung. Das habe sich gewandelt, viele jüngere Menschen aus ihrem Bekanntenkreis würden sich nach einem Stück Grün zur Erholung sehnen. „Eine Parzelle wird sogar von mehreren Parteien bewirtschaftet und genutzt“, sagt sie. Wer hier einen Garten hat, darf sich durchaus glücklich schätzen, auch wenn Gutzeit ihre Laubenpieper inmitten der Sportanlagen und der Siedlung als Exoten sieht. „Trotzdem super, andere Kolonien liegen direkt an den Bahngleisen oder dem Flughafen. Und wir liegen mitten in der Stadt, haben also eine kurze Anfahrt.“
Als Dauerkolonie sichern
Wie über vielen Kleingartenanlagen der Stadt schwebt auch über der Buchenweg-Kolonie das Damoklesschwert. Die Stadt hat die Möglichkeit, das Gelände einer anderen Nutzung zuzuführen. „Wenn Berlin vor einigen Jahren den Zuschlag für die Olympischen Spiele bekommen hätte, wäre hier eine weitere Sportstätte gebaut worden – und wir wären längst weg“, sagt Dieter Stoltmann. 2020 läuft der Bestandsschutz aus, derzeit ist die Gefahr aber ohnehin relativ gering. „Als Bauland ist das hier eigentlich zu klein“, sagt Gutzeit. Dennoch ist eines der dringlichsten Anliegen der Kolonie die Festlegung als Dauerkolonie im Bebauungsplan.
Jetzt wird gefeiert!
Jetzt wird aber erst einmal das Jubiläum gefeiert, wird das genossen, was eine Kleingartenkolonie nach Stoltmann ausmacht: „Lebens- und Gemeinschaftsgefühl.“ Die Pächter stellen am Sonnabend, 23. September, Tische und Stühle auf die Rasenwege vor ihren Parzellen. Die Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen, auch Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) hat sich angekündigt. Um 13 Uhr startet das Kinderprogramm, zwei Stunden später wird der Grill angeworfen und das Buffet eröffnet. Und eine kleine Ausstellung zur Historie gibt es auch. maz
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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