Engagierte Frauenrechtlerin: In Kabul erhielt Rabia immer wieder Morddrohungen
Charlottenburg. Flüchtlinge sind Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten, um ihr Leben zu retten. Doch wie geht es weiter – hier in Berlin? Die Berliner Woche schaut hinter die Türen der Flüchtlingsheime und stellt einige der neuen Nachbarn vor.
Die 28-jährige Rabia aus Afghanistan ist Hitze gewöhnt – nur nicht die Einsamkeit und Enge, die sie seit zwei Jahren in ihrem kleinen Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft in Charlottenburg umgibt. Es ist vollgestopft mit den Dingen des täglichen Lebens, persönlichen Erinnerungen aus der Heimat wie Fotos, Büchern und wichtigen Dokumenten. Auffällig ist der ungewöhnliche Wandschmuck: DIN-A4-Blätter mit deutschen Wörtern und Erklärungen in Dari, dem in Afghanistan gesprochenen Persisch. So prägt sich Rabia die wichtigsten deutschen Wörter ein.
Hilfe für Frauen und Mädchen
Die Methode ist hörbar erfolgreich, sie kann sich schon gut in Deutsch verständigen. Ihre aufgeschlossene, zugewandte und nachdenkliche Art schafft sofort Vertrauen. „Momentan fühle ich mich allerdings sehr entwurzelt“, sagt sie etwas niedergeschlagen. Bis 2013 hat Rabia mit ihrer Familie in Kabul gelebt. Ihr politisches Engagement begann aber schon in ihrer Heimatprovinz Takhar im Norden des Landes. Die damals 16-Jährige empörte sich über die Ungerechtigkeit und Aggressionen gegenüber Frauen und Mädchen so sehr, dass sie kurzerhand ein Büro eröffnete, um ihnen zu helfen.
Sie bekam Unterstützung von Cap Anamur und legte los. Alles, was die Frauen selbstsicherer machte, wurde angeboten: Schneiderkurse, Gesprächskreise, Unterkunft bei häuslicher Gewalt. „Oft half auch schon ein Gespräch zwischen Eheleuten oder Familienmitgliedern, um Gewalt zu verhindern“, sagt sie stolz. Rabia wurde schnell bekannt in Takhar und auch von den meisten Männern respektiert.
Beraterjob in Kabul
Sie begann ein Jura- und Politikstudium und bekam einen Job als politische Beraterin beim ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai in Kabul. Ein neues Leben mit größerem Einfluss begann. Rabia hatte öffentliche Auftritte und lernte dort auch ihren jetzigen Ehemann kennen, der noch in Kabul lebt. Allerdings bekam sie wegen ihres Engagements massive Morddrohungen. Sie hatte keine Bodyguards an ihrer Seite und musste damit rechnen, dass diese Drohungen auch umgesetzt würden.
Suche nach eigener Wohnung
Deshalb entschloss sie sich, Afghanistan zu verlassen. Im September 2013 kam sie nach Berlin. Gerade wurde ihr Flüchtlingsstatus anerkannt. Nun sucht sie eine Wohnung. „Ich möchte weiter Politologie studieren, mein Deutsch in Kursen lernen, in denen ich schneller vorankomme, und mich unbedingt auch hier für internationale Frauenrechte einsetzen.“ Sie hofft, bald Vorträge über Afghanistan zu halten, Frauen aus Afghanistan hier in Berlin zu unterstützen und – das wichtigste – endlich eine eigene Wohnung zu finden. AL
Autor:Angelika Ludwig aus Weißensee |
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