Wenn die Hertha wieder trifft: Torhymne dank Tontechniker Sebastian Ott
Westend. Die zweite Halbzeit ist gerade angepfiffen, als Neuzugang Matthew Leckie den Ball nach einem unwiderstehlichen Sprit unten ins linke Toreck drischt. Die Hertha-Fans springen auf, viele liegen sich in den Armen. Das 1:0 des australischen Neuzugangs war das erste Tor der Hertha in der neuen Saison. Und dann erklingt sie, die Torhymne der der Alten Dame. „Der Stadionsprecher drückt den Knopf, aber ich sorge dafür, dass alle sie hören“, sagt Sebastian Ott.
Seinen Arbeitsplatz hat der Mann am Mischpult über der VIP-Tribüne, zwischen Ordnungsdienst, Feuerwehr und Polizei. Ott gehört zum Team, das sich um den Sound im Stadion und bei Hertha-TV kümmert, das über gut 200 Monitore im Stadion flimmert.
Etwa zehn Stunden, sagt der 36-Jährige, dauert so ein Heimspiel-Tag schonmal. Erst nach der Pressekonferenz nach dem Spiel ist irgendwann Schluss. „Wir sind für all das zuständig, was die Zuschauer im Stadion, den VIP-Bereichen und im Atrium hören“, sagt Ott. Die Regler bedient er für unterschiedliche Dinge – von Spielen in der Halbzeit über Interviews mit Sponsoren auf der Laufbahn oder Sonderzug-Durchsagen für Fanblocks während der Partien. Seit etwa sieben Jahren ist der Mann aus Hennigsdorf bei Spandau Teil des Tontechniker-Pools, bei jedem zweiten bis dritten Heimspiel sitzt der selbstständige Veranstaltungstechniker an den Reglern.
Geht die Laola-Welle um, muss ich lauter drehen
Wenn das Spiel läuft, muss Sebastian Ott vor allem darauf achten, dass der Stadionsprecher zu hören ist. Kniffelig wird es, wenn die Hertha wieder einen Treffer versenkt. Ott muss den Sprecher dann so einpegeln, dass er aus den Boxen nicht allzu laut dröhnt. „Wenn die Mannschaft einen frühen Treffer kriegt und das Spiel doch noch dreht, muss man schon aufpassen, weil der Sprecher dann mehr brüllt als redet.“ Wichtig sei dabei auch, wie die Ränge des Stadions besetzt sind. Schwappt eine Laola-Welle nach der anderen durch die volle Arena, muss er die Regler grundsätzlich höher ziehen als wenn Tribünen leer bleiben.
Mit dem Fußball hat er es selbst nicht so. Als Sebastian Ott in der vierten Klasse war, hat er mal eine Saison in Hennigsdorf gekickt. Eine Erfolgsgeschichte war das nicht. „Ich bekam eine schlimme Nagelbettentzündung, weil ich immer falsch geschossen habe.“ Pike statt Vollspann. Für den Jungen war klar, dass er es auf dem Rasen nicht weit bringen würde. Dafür hat er es nun ein paar Meter neben dem Rasen geschafft. Wenn das Spiel läuft, schaut er eher selten auf den Rasen. „Ich konzentriere mich auf meine Arbeit“, sagt Ott. Auch die meisten anderen Kollegen in der Technik seien keine großen Fußball-Freunde. Und die wenigen, die es sind, sind keine Hertha-Fans. „Der Bildmischer ist Bremen-Fan, die Projektleiterin ist Bayern-Fan, wieder andere stehen auf Dortmund“, sagt der Tonmann. Seit drei Jahren ist Sebastian Ott auch in der Alten Försterei im Einsatz, für Union Berlin betreut er etwa die Hälfte der Heimspiele. Man merke aber schon den Klassenunterschied. „Bei Union ist das alles eine Nummer kleiner, da übernimmt man eben mehr Aufgaben.“
Demo, Gala oder Museum - alles im Repertoire
Ott ist mit seiner Firma auch auf vielen Berliner Veranstaltungen wie der Demonstration „Wir haben es satt!“ gegen die Grüne Woche auf dem Potsdamer Platz dabei. Für den Zentralrat der Juden hat er schon zweimal in der Hauptstadt beim Gemeindetag gearbeitet oder Galas im Deutschen Historischen Museum betreut. Ott sorgt auf Wunsch für die komplette Technik, das Personal beschafft er ebenfalls. Probleme bekommt er dabei nie, denn sein Adressbuch ist dick. Für Hertha und Union will der Tonmann noch so lange wie möglich am Mischpult sitzen. „Der Job ist natürlich auch sehr lukrativ“, räumt er ein. Aber auch die Stimmung im Stadion, die will Sebastian Ott nicht mehr missen. Marco Paetzel
Autor:Marco Paetzel aus Wilhelmstadt |
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