Schnell zur Stelle sein: Feuerwehr braucht freie Fahrt
Das Blaulicht flackert, der Dieselmotor schnauft. Daniel Grosse späht aus der Kabine des Leiterwagens, beobachtet die Rangieranweisungen seines Kollegen, zirkelt sein Gefährt durch das Spalier der parkenden Autos. Einbiegen in die Bayernallee? Eine Frage weniger Zentimeter. Ein Akt von mehreren Minuten. "Drei- bis viermal die Woche passiert es. Dann wird es für uns richtig eng", sagt Grosse, seines Zeichens Wehrführer der Charlottenburger Feuerwache Suarez.
An diesem Abend dreht er das große Lenkrad nur zu Übungszwecken. Polizei- und Feuerwehrwagen schieben sich im gemächlichen Tempo durch die schmalsten Straßen Westends - eine gemeinsame Kontrollfahrt der Rettungswege, organisiert vom Polizeiabschnitt 2. Der gravierende Unterschied zum Ernstfall: Wenn Menschen in einer brennenden Wohnung auf ihre Rettung warten, dann setzt Grosse seine Fuhre nicht mehrmals vor und zurück. Dann stößt er die Hindernisse aus dem Weg. Wenn man ihm drei Meter Fahrbahnbreite nicht gibt, muss er sie sich nehmen. Eine schonende Variante bei leichteren Hindernissen gibt es auch: Sechs starke Männer springen heraus und heben es beiseite. "Aber selbst das hält uns auf", sagt Feuerwehr-Sprecher Stephan Fleischer. Seine Bitte: Feuerwehreinfahrten freihalten, schmale Kreuzungsbereiche nicht zuparken - und auf Hydranten achten.
Anders als der Halter eines weißen Kleinwagens an der Bayernallee, den sich Polizist Thomas Kelm zur Brust nimmt. "Ich dachte, das wäre ein Einsatz", mault der Mann, als man ihn von seiner Couch holt. Dass Blaulicht auch im Übungsfall flackern kann, war ihm bis dato nicht bekannt. Der Falschparker kommt mit einer Ermahnung davon. Kurz darauf liegt der zugestellte Wasserhydrant wieder frei. Aber dann wird es teuer: Ein alter Kombi blockiert die Hofzufahrt zu einem Neubaukomplex. Vom Halter fehlt jede Spur. Also ordert Kelm den Abschleppwagen, lässt den Kombi um einige Meter versetzen. Rund 200 Euro kostet dieser ungebetene Dienst. Und zusätzlich wird der Falschparker ein Bußgeld berappen müssen.
"Diese Feuerwehreinfahrt hat nun mal ihren Sinn", sagt Fleischer. "Wir müssen solche Gebäudekomplexe im Brandfall von der Straße aus anleitern können." Zwar habe die Berliner Feuerwehr in den vergangenen Jahren auf kompaktere City-Versionen ihrer Fahrzeuge umgesattelt, "aber auch die brauchen ihren Platz".
14 Umsetzungen und 64 Verstöße stehen am Ende der Kontrollfahrt durch Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau im Protokoll. Die Uhr zeigt bald Mitternacht, als Daniel Grosse seine Drehleiter parken kann. Ob ihr Mast sich reckt oder nicht, ist einerlei. Das Gesetz gilt immer - bei der Übung wie im Ernstfall.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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