Gesundheitsminister besucht bedrohtes Geburtshaus

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hört die Sorgen eines Hebammenteams, das schon über 6100 Kindern auf die Welt half. | Foto: Schubert
  • Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hört die Sorgen eines Hebammenteams, das schon über 6100 Kindern auf die Welt half.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Westend. Es ist der älteste und größte Hebammen-Stützpunkt Deutschlands. Es kann die hohe Nachfrage kaum decken. Und dennoch steckt das Geburtshaus Charlottenburg in der Krise. Sollte ein versprochenes Maßnahmenpaket nicht schleunigst greifen, droht der Einrichtung 2015 das Aus.

Da steht er nun vor dem Bett, kreuzt die Arme und hört zu. Mehrere Tausend Kinder, erfährt Hermann Gröhe (CDU), seien auf diesem Möbel zur Welt gekommen, in vielen Positionen. Auf Wunsch der Mütter auch hängend oder hockend. Oder nebenan im Bassin.

"Manchmal denke ich, nach 27 Jahren im Job habe ich schon alles gesehen. Aber dann kommt wieder etwas Neues", sagt Janka Kreye, Hebamme und Mitgesellschafterin des Geburtshauses. "Was ich noch nie gesehen habe", fährt sie fort, "ist, dass eine Frau sich freiwillig auf den Rücken legt, die Beine anwinkelt und presst."

So eigenwillig die Frauen - so verschieden die Männer. Manche stehen ehrfürchtig hinter ihrer Partnerin. Andere sind aktiver, durchtrennen die Nabelschnur persönlich, legen sich ihr Kind auf die nackte Brust. Im Backsteinhaus an den DRK Kliniken Westend gebiert jeder nach seiner Facon. Ein Umstand, welcher der seit 1987 bestehenden Einrichtung zu anhaltend hoher Nachfrage verhilft. Längst nicht jede Anfrage hat Aussicht auf Bewilligung. Und trotzdem droht das Ende.

Denn inzwischen will kaum eine Haftpflichtversicherung mit bezahlbaren Beiträgen jene Risiken abdecken, die in einem Geburtshaus erwiesenermaßen nicht höher sind als in einer Klinik. Drei von 14 Hebammen haben die hiesige Einrichtung schon verlassen. Sollte die Umsetzung der versprochenen Maßnahmen zu lange dauern, wäre 2015 keine mehr da. Das Geburtshaus Charlottenburg wäre genau wie alle anderen Einrichtungen dieser Art mit einem Schlag Geschichte.

Soweit will es Minister Gröhe, selbst Vater von vier Kindern, nicht kommen lassen. Er ist an diesem Tag gekommen, um den Frauen und ihrem gefährdeten Berufsstand seinen Beistand zu versichern. "Ihre Sorge", sagt er "soll den Schwangeren gelten, nicht der eigenen Existenz." Zwei Millionen Euro für die Krankenkassen zusätzlich zum Ausgleich für Haftpflichtprämien stehen deshalb bereit - ein Anfang für einen dauerhaften "Sicherstellungszuschlag" für diese Art von Geburten. Auch ein Regressverzicht der Pflege- und Krankenversicherung soll in diesem Jahr zur Verabschiedung kommen. Gröhe verspricht: "Wir bekennen uns zur Wahlfreiheit des Geburtsorts und der Geburtsart."

Egal wie es kommt. Das Bett, vor dem er stand, wird noch so manche Frau zur Mutter werden lassen. Das Erfolgsgeheimnis des Hauses? Hebamme Christine Schuppe: "Wir haben das beste Schmerzmittel: Die Betreuung eins zu eins."

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 714× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 258.000 Haushalte in Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf baut die Telekom Glasfaserleitungen aus.  | Foto: Telekom

Glasfaser-Internet hier im Bezirk
Telekom bietet 258.000 Haushalten einen Anschluss ans Glasfasernetz

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Steglitz-Zehlendorf. Damit können nun insgesamt rund 258.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu...

  • Zehlendorf
  • 20.01.25
  • 1.476× gelesen
BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 3.520× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.