Interview mit Mark Solomeyer
„Ein ganz wichtiger Schritt zu mehr Akzeptanz“
Mark Solomeyer aus Bad Ems ist seit 2014 Nationaler Athletensprecher und Vizepräsident von Special Olympics Deutschland. Er war erfolgreicher Badmintonspieler und gewann bei den Weltspielen 2007 in Shanghai eine Gold- und eine Bronzemedaille.Christina Kapp vom Redaktionsteam der Special Olympics World Games Berlin 2023 hat mit ihm gesprochen.
Was wird Ihre Aufgabe bei den Weltspielen in Berlin sein?
Mark Solomeyer: Als Athletensprecher kümmere ich mich um die Belange der Aktiven. Dabei ist es wichtig, direkt auf die Sportler zuzugehen, auf ihre Wünsche spontan zu reagieren, ihre Anregungen und Verbesserungsvorschläge aufzunehmen.
Worauf musste man in Berlin in der Vorbereitung besonders achten?
Mark Solomeyer: Dass man bei Ankündigungen und in der allgemeinen Kommunikation eine einfache Sprache wählt, um den Athletinnen und Athleten selbstständig und leicht zum Beispiel Zugang zu den Wettkampfstätten zu ermöglichen. Das Land Berlin-Brandenburg hat eine App entwickelt, die in sehr einfacher Sprache erklärt, wie ein Sportler von A nach B kommt. In einer Weltathleten-App sind alle Sportstätten erfasst, und es wird auf einfache Weise erklärt, was wo stattfindet und wie man dahin kommt. Außerdem wurde bei der Beschilderung auf gute Erkennbarkeit geachtet. Das bietet die Möglichkeit, sich in Berlin möglichst selbstständig zu bewegen, was für die Athletinnen und Athleten besonders wichtig ist.
Sie sind selbst aktiver Sportler. Wie haben Sie zu Ihrer Sportart gefunden?
Mark Solomeyer: Ich wollte immer eine Sportart betreiben, bei der ich mit dem ganzen Körper arbeiten kann, und das ist bei Badminton der Fall. Im Moment habe ich leider zu wenig Möglichkeiten, weil meine Arbeit als Athletensprecher sehr zeitintensiv ist.
Wie sehr hat Ihnen der Sport im Alltag geholfen?
Mark Solomeyer: Ich habe gelernt, dass man Grenzen überwinden kann, dass man nicht zu schnell aufgeben darf. Außerdem bietet der Sport die Chance auf mehr Akzeptanz und Anerkennung in der Gesellschaft.
Was war Ihr größter sportlicher Erfolg, oder woran erinnern Sie sich besonders gern?
Mark Solomeyer: Das war in Shanghai 2007. Uns haben im Doppel nur vier Punkte gefehlt, und wir hätten Gold gewonnen. Mit meinem Partner Sven Marlow haben wir gegen Indonesien gespielt, die in jenem Jahr noch nicht einen Satz verloren hatten. Wir hatten im Vorfeld kaum zusammen trainiert, da Sven Marlow aus Wolfsburg stammt und ich aus Bad Ems. Da konnte man sich nicht mal eben so treffen. Und dann kommen wir nach Shanghai und haben die Indonesier fast weggeputzt. Das war Faszination pur. Diese Bronzemedaille hat mir fast mehr bedeutet als die goldene, die ich als Einzelspieler gewonnen habe.
Es gibt noch immer viel zu wenig Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung, Sport zu treiben. Was muss getan werden, damit die Situation besser wird?
Mark Solomeyer: Wir brauchen mehr Inklusionsveranstaltungen, müssen noch mehr in die Vereine gehen. Menschen mit Behinderungen brauchen mehr Betreuung. Darum müssen wir mehr Werbung machen und Menschen anleiten, sich als Trainer einzubringen. Es hat sich in den letzten Jahren schon Einiges getan, beispielsweise auch durch digitale Fortbildungen. Neben den üblichen Trainern gibt es in einigen Vereinen Assistenten, die sich dann speziell den Behinderten annehmen. Außerdem gibt es sogenannte Botschafter oder auch Sportlotsen, die in die Vereine gehen und für den Behindertensport werben.
Welche Chancen bieten da die Weltspiele in Berlin, etwas zu verändern?
Mark Solomeyer: Sie können dabei helfen, dass die Öffentlichkeit uns mehr wahrnimmt. Wenn darüber gesprochen wird, wenn unsere Aktivitäten „gesehen“ werden, dann geht es auch nach und nach in die Köpfe der Menschen, wir finden mehr Beachtung.
Sie haben schon viele Jahre Erfahrung als Aktivensprecher. Mit welchen Problemen kommen die Sportler zu Ihnen?
Mark Solomeyer: Das sind die üblichen Probleme im Alltag, auch die Frage, wo finde ich den richtigen Verein für mich. Aber es geht auch um Akzeptanz in der Gesellschaft. Ich habe mich deswegen auch mit dem Behindertenbeauftragten von Deutschland, Jürgen Dusel, in Berlin getroffen. Wir haben gemeinsam überlegt, wie man mit dem Begriff „geistig behindert“ zukünftig umgehen kann. Da befinden wir uns in einem laufenden Prozess.
Was erwarten Sie von der deutschen Mannschaft in Berlin?
Mark Solomeyer: Wegen Corona gab es lange keine Vergleichsmöglichkeiten, auch gemeinsames Training war oft schwierig. Aber um Leistung geht es uns eigentlich nicht. Wichtiger als Medaillen ist es uns, gemeinsam Sport zu treiben und in der Gesellschaft anzukommen. Wenn die Special Olympics in Berlin von der Öffentlichkeit gut wahrgenommen werden, ist das für uns ein ganz wichtiger Schritt zu mehr Akzeptanz in der Gesellschaft.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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