Bio-Obst unter Abwasser
Gärtnerhof geflutet / BWB weisen unsauberes Gebaren von sich
Der Bio-Gärtnerhof im Fürstenbrunner Weg ist mit Abwasser geflutet worden. Betreiber Mosaik beziffert den Schaden in einer Pressemitteilung auf mehr als 250 000 Euro und wirft den Berliner Wasserbetrieben (BWB) Schuld und Untätigkeit vor, was dort auf blankes Unverständnis stößt.
Der landwirtschaftliche Betrieb am Fürstenbrunner Weg, in dem Menschen mit Behinderung in die berufliche Rehabilitation eingegliedert sind, war laut der Mitteilung am 12. Juli mit Schmutzwasser überflutet worden. Während eines leichten Regens sei im Laufe des Vormittags zweimal eine Fontäne aus einem Mischwasserkanal geschossen und habe den Gärtnerhof mit Abwasser überschwemmt. Auf dem Gärtnerhof werden Bio-Obst, Gemüse und Kräuter ökologisch angebaut. Jetzt seien die Nutzflächen sowie das Wirtschaftsgebäude samt Hofladen stark verunreinigt und nicht mehr nutzbar. Teiche, Zisterne und Brunnen des Gärtnerhofs seien vermutlich kontaminiert. Obst, Gemüse und Kräuter müssten entsorgt werden. Mitarbeiter mit und ohne Behinderung, die auf dem Gelände tätig sind, seien zum Schutz gegen Hepatitis-A geimpft worden.
Mosaik-Geschäftsführer Frank Jeromin wirft den Berliner Wasserbetrieben in dem Schreiben Untätigkeit vor und bemängelt, dass die BWB ihren Verkehrssicherungspflichten nicht nachkämen. Deshalb habe er jetzt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das Unternehmen gestellt. Sie sollen Entwässerungskanäle und Abwasserdruckleitungen, die unter dem Grundstück laufen, so lange nicht nutzen, bis ein erneutes Fluten des Geländes ausgeschlossen werden kann. Es spreche vieles dafür, dass der Unfall nicht mit Regen, sondern mit Bauarbeiten beziehungsweise bewussten Entscheidungen der Berliner Wasserbetriebe zu tun gehabt habe, heißt es in der Mitteilung weiter. Die Vermutung liege nahe, dass bei Arbeiten an einer Baustelle in unmittelbarer Nähe ein Kanal geschlossen worden sei und der Kanal unter dem Gärtnerhof als Notüberlauf gedient habe.
„Die Berliner Wasserbetriebe äußern sich nicht zu dem Vorfall und entziehen sich ihrer Verantwortung. Die Ursachenforschung wird bewusst verschleppt“, so Jeromin. „Es ist empörend, wie nachlässig die BWB mit der Betriebssicherheit umgeht. Wird das Gelände erneut geflutet, können wir hier dichtmachen. Wir sitzen auf einem Pulverfass, das jeden Moment wieder hochgehen kann. Alle 66 Arbeitsplätze unserer Werkstatt am Fürstenbrunner Weg sind akut gefährdet, da unter anderem das Bio-Zertifikat für unsere Flächen auf Jahre in Frage gestellt ist.“
BWB-Pressesprecher Stephan Natz ist verwundert und verärgert über die Pressemitteilung. Er bestätigte zwar die Vermutung von Mosaik, dass die Bauarbeiten an dem Überlaufkanal ursächlich für das "sehr bedauerliche" Fluten des Geländes gewesen sein könnten, allerdings auch nur in Paarung mit dem Starkregen am 12. Juli. "Es handelt sich um zwei Kanäle unter dem Bahndamm hindurch, die saniert werden müssen. Um die Arbeiten an einem Ablauf durchführen zu können, musste der zweite abgemauert werden. Unser Regenschreiber notierte für den Tag mehr als 37 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden. Das hat wohl die eingeschränkte Überlauf-Kapazität überstiegen." Die Gangart von Mosaik bezeichnete Natz als "schrägen Stil". "Wir waren am 12. Juli mit unserem Pumpenwagen vor Ort. Als wir gemerkt haben, dass unsere Mittel nicht reichen, haben wir das Technische Hilfswerk alarmiert, das noch am selben Tag anrückte. Am 13. Juli haben wir unsere Versicherung informiert, am 16. Juli hat ein Gutachter den Schaden fotografiert. Wenn ein Anspruch gerechtfertigt ist, dann bezahlen wir. Dafür sind wir ja schließlich versichert. Nur bislang hat uns gegenüber niemand den Schaden beziffert." Von Untätigkeit, Verantwortungslosigkeit oder einem Wegducken könne also keine Rede sein. "Machen wir nie, ginge auch gar nicht. Dafür sind wir ein zu großes Unternehmen." Übrigens, so Natz angesichts der Forderung von Mosaik, könne in Zeiten von zunehmender Versiegelung und extremen Wetterereignissen nie eine Garantie gegeben werden, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Auch nicht, wenn beide Ablaufkanäle in Betrieb seien.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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