Als „Spandau Prison“ den Bezirk bekannt machte
Das Stadtgeschichtliche Museum plant eine Ausstellung über das Kriegsverbrechergefängnis

Eine Collage mit Bildern des Spandauer Gefängnisses. | Foto:  Archiv Stadtgeschichtliches Museum Spandau
  • Eine Collage mit Bildern des Spandauer Gefängnisses.
  • Foto: Archiv Stadtgeschichtliches Museum Spandau
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Spandau wurde nach 1945 weltweit bekannt durch ein Gefängnis. Das Gefängnis gibt es schon lange nicht mehr. Seine Geschichte soll jetzt auch mithilfe von Zeitzeugen, Bildern oder Erinnerungen Thema der Ausstellung „Spandau Prison“ des Stadtgeschichtlichen Museums werden.

Das Museum plant die Schau anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs, der am 8. Mai 2025 begangen wird. Es geht um die „Spandau Prison“ genannte einstige Haftanstalt an der Wilhelmstraße. Ab 1947 wurden hier verurteilte NS-Kriegsverbrecher inhaftiert, was dem Ort internationale Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ.

Der Bau war aber weitaus älter. Er entstand bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Die Ausstellung möchte deshalb auch die gesamte Historie des Gebäudes in den Blick nehmen, die sich über vier unterschiedliche politische Epochen deutscher Geschichte hinzog.

Vor allem für die letzten vier Jahrzehnte, der Zeit als „Spandau Prison“, werden Zeitzeugen gesucht. Ebenso wie Erinnerungen in jeglicher Form, ob Fotos, Dokumente, Gegenstände, Berichte, „alles, was einen Bezug zum Kriegsverbrechergefängnis hat und helfen kann, die Geschichte des Ortes zu erzählen“, heißt es in dem Aufruf. „Es ist wie ein Puzzle, bei dem wir die fehlenden Teile suchen und zusammentragen“.

Das Gefängnis bestand ab 1881 als Festungshaftanstalt für Militärangehörige. Eingesperrt wurden etwa Deserteure. Es war für rund 600 Gefangene angelegt. Dass es in Spandau gebaut wurde, war kein Zufall. In der Kaiserzeit war der heutige Bezirks Festungs- und Garnisonsstadt. Auch Haftanstalten hatten hier schon eine lange Tradition.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Beginn der Weimarer Republik wurde der Riesenkerker an der Wilhelmstraße zu einem „normalen“ Gefängnis. Untergebracht waren dort meist Häftlinge mit relativ kurzen Freiheitsstrafen, wie dem bisherigen Standardwerk von Johannes Fülberth über die Zeit zwischen 1918 und 1947 zu entnehmen ist.

Ab 1933 wurde Spandau eine der Haftanstalten, in denen die Nazis eine Vielzahl ihrer politischer Gegner internierten. Fülberth nennt als Beispiele unter anderem den Publizisten Carl von Ossietzky, den Journalisten Egon Erwin Kisch oder den ehemaligen Reichstagspräsidenten Paul Löbe (SPD). Während des Zweiten Weltkriegs wurden Mitglieder von Widerstandsgruppen, etwa der „Roten Kapelle“ dort inhaftiert, viele von ihnen später in Plötzensee hingerichtet. Ab 1943 hatte das Gefängnis dann wieder eine ähnliche Funktion wie zu Beginn. Es war bis zum Kriegsende ein Untersuchungsgefängnis der Wehrmacht.

Im Anschluss wurde der riesige Bau von den vier alliierten Siegermächten übernommen. Er sollte zur Haftanstalt für die in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen nicht zum Tod verurteilten NS-Täter werden. Das galt dann allerdings nur für sieben Angeklagte im Hauptverfahren.

Unterschiedlich hoch war auch die Verweildauer der sieben Häftlinge in Spandau. Vier von ihnen kamen bereits in den 1950er‑Jahren wieder frei. Für zwei, Baldur von Schirach, dem einstigen „Reichsjugendführer“ und NS-Stadthalter von Wien sowie dem Rüstungsminister Albert Speer endete die Haft nach 20 Jahren am 1. Oktober 1966. Danach blieb als letzter Rudolf Heß. Der einstige „Stellvertreter des Führers“ war zu lebenslanger Haft verurteilt worden und das hieß bei ihm lebenslänglich, nämlich bis zu seinem Selbstmord im Alter von 93 Jahren im August 1987. Der Todesstrafe war Heß beim Kriegsverbrecherprozess nur wegen seines mysteriösen Flugs nach Großbritannien im Mai 1941 entgangen. Er wurde danach in England interniert und deshalb konnte ihm keine direkte Beteiligung an den „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, vor allem dem Holocaust nachgewiesen werden.

Nach dem Tod von Heß beschlossen die Alliierten, das Gefängnis sehr schnell abzureißen. Es sollte keine Kultstätte für Rechtsradikale werden. Stattdessen entstand auf dem Gelände ein Einkaufszentrum zunächst für Militärangehörige der westlichen Schutzmächte. Nach deren Abzug 1994 zogen dort verschiedene Geschäfte ein und es wurde allgemein zugänglich.

Die insgesamt 40 Jahre, in denen dort NS-Täter untergebracht waren, haben das „Spandau Prison“ nicht nur berühmt gemacht, sondern auch für zahlreiche Geschichten, Mythen und Legenden gesorgt. Es wurde zum Thema für Artikel, Bücher, Filme und vor allem als Rudolf Heß als letzter Häftling übrigblieb, war das der Stoff für eine Art von gruseligem Faszinosum.

Gleichzeitig hatte es eine sichtbare Außenwirkung, die sich mit einem Alleinstellungsmerkmal verband. Das Spandauer Kriegsverbrechergefängnis war neben der Kontrolle des Luftverkehrs von und nach Berlin die einzige Institution, die von 1945 bis zu ihrem Ende von den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs gemeinsam verwaltet wurde. Trotz Blockkonfrontation, deutsche Teilung und Mauerbau wechselte die Verantwortung für das Gebäude in der Wilhelmstraße und seine Insassen über vier Jahrzehnte monatlich zwischen den USA, der Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich. Zu sehen war das jeweils am Ritual der Wachablösung.

Wer zu dieser Zeit bereits in der Wilhelmstadt gewohnt hat, wird sich wahrscheinlich daran und vielleicht an andere Begebenheiten, Beobachtungen, Erlebnisse erinnern und wird gebeten dazu beim Stadtgeschichtlichen Museum per E-Mail an zeitzeugnis@zitadelle-berlin.de zu melden.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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