Skurrile Suche
Bekanntes unbekanntes Raubopfer

Die Polizei suchte nach einer Frau, die eigentlich schon gefunden war. | Foto: Pixabay
  • Die Polizei suchte nach einer Frau, die eigentlich schon gefunden war.
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Am 11. August war an der Heerstraße eine Seniorin beraubt worden. Der Frau, die mit einem Rollator unterwegs war, wurden eine Goldkette und ein Ring entrissen. Über diese Tat hatte das Spandauer Volksblatt online und in der Ausgabe am 18. August berichtet. Nach dem Bericht gab es einige Besonderheiten.

Der Raub war von einem Passanten bemerkt worden, der den Tatverdächtigen mit dem Fahrrad verfolgte und gleichzeitig um Hilfe rief. Das registrierte ein Polizist außer Dienst, der gerade mit seinem Motorrad vorbeikam. Dem Beamten gelang es, den mutmaßlichen Täter festzunehmen. Nicht mehr auffindbar war dagegen die geschädigte Seniorin. Sie hatte sich inzwischen vom Tatort entfernt.

Das alles stand so im Polizeibericht und im Beitrag des Spandauer Volksblattes. Nach seinem Erscheinen meldete sich ein Mann in der Redaktion und erzählte, bei der Frau handele es sich um die Nachbarin eines Freundes von ihm. Der habe ihm kurz nach dem Vorfall von dem Überfall erzählt. Als er jetzt darüber im Volksblatt las, benachrichtigte er wiederum den Freund und wies ihn darauf hin, dass die Geschädigte anscheinend bisher noch nicht bekannt sei.

Der Freund rief daraufhin beim Polizeiabschnitt 23 an und erklärte, er könne den Namen und weitere Kontaktdaten des Opfers übermitteln. Dort wurde er allerdings abgewiesen: Weder ein Überfall noch eine Festnahme wären hier bekannt, so lautete die von unserem Leser überlieferte Version des Gesprächs.

Schon das war verwunderlich. Skurril wurde es dann am 21. August. An diesem Tag veröffentlichte die Polizei – erneut als Pressemitteilung – einen Aufruf zur Mithilfe: Gesucht wurde die „bislang unbekannt gebliebene Seniorin“, der bei dem Raub eine goldfarbene Halskette samt Ring entrissen worden waren. Hinweise bitte an die Kripo und so weiter.

Eine Frau wird gesucht, die eigentlich längst hätte bekannt sein können, wenn Angaben zu ihrer Identität aufgenommen worden wären. Wie ist das möglich? Die Polizeipressestelle versprach Nachforschungen und lieferte sie auch, zuletzt als Antworten auf mehrere Fragen des Spandauer Volksblatts. Daraus ergab sich noch eine weitere Wendung in dieser Geschichte.

Die Seniorin habe nämlich am späten Nachmittag des 18. August selbst den Polizeiabschnitt 23 aufgesucht und sich als Geschädigte des Raubs zu erkennen gegeben, übermittelte die Polizei. Daraufhin seien auch ein entsprechender Bericht für das ermittelnde Fachkommissariat geschrieben und über den dienstlichen Postweg versandt worden. Weil danach das Wochenende kam, „verzögerte sich die Zustellung und erfolgte erst am Dienstag“, also am 22. August.

Die Ermittler seien wiederum daran interessiert gewesen, die Seniorin schnell zu finden, um ihr das Schmuckstück zeitnah übergeben zu können. Außerdem sollten durch ihre Aussagen das Verfahren gegen den Tatverdächtigen vorangebracht werden. Deshalb sei es am 21. August zu dem Zeugenaufruf gekommen. Er wurde dann nach Eingang des Schreibens „umgehend herausgenommen“.

Die Erklärung gibt auch Einblicke in die Arbeitsweise bei der Polizei. Wäre es in so einem Fall nicht zielführender, zumindest eine kurze E-Mail an das Fachkommissariat zu schicken – und sei es nur mit einer vielleicht aus Datenschutzgründen sehr kurzen und eher anonymen Mitteilung, etwa „Frau gefunden, Weiteres folgt per Post“?

Der Anruf des Nachbarn wird in der Antwort der Pressestelle ebenfalls bestätigt. Nach diesen Angaben habe der Mann den Umstand geschildert, „dass bereits Hinweise zur Identität der Seniorin vorliegen würden“. Dass der Beamte am anderen Ende der Leitung darauf nicht einstieg, wird mit zunächst allgemeinen und dann spezifischen Ursachen zu erklären versucht. Aufgrund der Vielzahl von Einsätzen, die sich im Laufe einer Woche ereigneten und der Tatsache, dass Polizistinnen und Polizisten im Schichtmodell arbeiten, also zu verschiedenen Zeiten anwesend seien, habe der entsprechende Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Telefonats zunächst keine Kenntnis vom besagten Raub gehabt. Er konnte deshalb „die übermittelten Informationen erst nach einer Recherche im Nachgang zuordnen“.

Kolportiert wurde in diesem Fall auch noch, dass sich die Kripo sogar bereits bei der Frau gemeldet haben soll, während sie gleichzeitig noch nach ihr suchte. Dazu wurde übermittelt: „Ein derartiger Anruf ist der Kriminalpolizei nicht bekannt.“

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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