Eine Säule wies den Weg: Sponsoren für Wiederaufbau gesucht
Als Modell ist sie schon wiederauferstanden: die Verkehrssäule, die von 1937 bis 1958 die kleine Grünanlage an der Einmündung der Pichelsdorfer Straße in die Heerstraße zierte.
Im August jährt sich der Abriss der Säule zum 60. Mal. Unumstritten war er 1958 nicht. Die knapp vier Meter hohe, sechseckige Säule mit 18 Bildtafelkacheln aus Keramik hätte nämlich auch erhalten werden können. Zwar hatte die Säule im Zweiten Weltkrieg Splitter abbekommen, Keramikplatten waren durch Schüsse beschädigt. Viele Spandauer glaubten jedoch nicht, dass es sinnvoll sei, die alte Säule durch eine neue zu ersetzen, wie es dann im Rathaus entschieden wurde. Doch wie es mit politischem Willen manchmal ist: Die alte Säule verschwand, eine neue wurde nicht errichtet.
Immerhin die Kunstwerke, so beschloss man damals im Rathaus, sollten zumindest aufbewahrt werden. Auch dieser Wunsch ging nur teilweise in Erfüllung. Heute verfügt das Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums über fünf Keramiktafeln; der gelbe Keramik-Globus von der Spitze der Säule mit 72 Zentimetern Durchmesser ist verschwunden. Eine Originalkachel und drei Abgüsse von Originalen finden sich im Ofen- und Keramikmuseum – Hedwig Bollhagen Museum in Velten.
Die Überbleibsel der Säule und manches architektonische und künstlerische Detail hat Rolf Zimmermann von der Forschungsgruppe Meilensteine ausfindig gemacht – und sich damit auf beinahe fremdes Terrain begeben, denn die Funktion der Säule war nicht die einer Information zu Entfernungen. In der Pressemitteilung zur Aufstellung der Säule 1937 verwies zwar das Rathaus auf die Tradition der Meilensteine, zielte aber vor allem auf die Verbindung von „Industrie- und Fremdenverkehrswerbung“. Der gebrannte Ton der Tafeln galt schließlich als „märkischer Bodenschatz“.
Geschaffen hat die Keramiken der in Gladbeck geborene und in Finkenkrug lebende Künstler Gottfried Kappen. Seine Motive verwiesen auf in Spandau stationiertes Militär, auf die Havel und damit verbunden auf Fischerei und Schifffahrt.
Volkmar Tietz vom Stadtteilladen Wilhelmstadt tat sich schon im vergangenen Jahr mit den Meilenstein-Forschern zusammen, nicht nur zur Sicherung geschichtlicher Überlieferung. Er hält einen Wiederaufbau für sinnvoll. Eine neue, nach altem Vorbild erstandene Verkehrssäule könnte eine Attraktion für die Wilhelmstadt werden in einer Zeit, in der touristische Hinweise per Internet aufs Navigationsgerät oder Smartphone gespielt werden, und damit die sinnliche Wahrnehmung lokaler Attraktionen deutlich abnimmt. Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung sah das auch so und formulierte einen entsprechenden Antrag, der am 31. Mai 2017 auch die Zustimmung der anderen Parteien bekam.
Der politische Wille ist bisher vom (fehlenden) Geld gestoppt. Die komplette Wiederherstellung der Säule könnte eine fünfstellige Summe erfordern. Allein der Rohling aus Beton dürfte rund 5000 Euro kosten. Die sehr willige Forschungsgruppe Meilensteine kommt als Verein nicht für die Akquise von Lotto-Mitteln in Frage – Verkehrssäulen spielen im Gegensatz zu Meilensteinen in ihren Statuten keine Rolle. Tietz hofft jetzt auf Sponsoren, und hat diesen außer dem Lob für den Idealismus auch etwas zu bieten. „Wir könnten im Umfeld der Säule auf die Sponsoren hinweisen.“ Interessenten können sich an Tietz unter 0176 24 98 17 61 wenden.
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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