Kleidung für Fernsehen und Feste: Abverkauf im Kostümhaus Graichen
Spandau. Das Kostümhaus Graichen gehört zu den Traditionshaus-Unternehmen der Zitadellenstadt. Jetzt gibt Jutta Graichen das Geschäft auf, falls sich nicht doch noch ein Nachfolger findet.
Wer die erste Etage des Hauses Klosterstraße 32 betritt, durchschreitet Berliner Unterhaltungsgeschichte. 1954 mieteten sich dort die Eltern von Jutta Graichen ein, und bauten den Kostümverleih auf. Die Nachfrage war groß. Operettenproduktionen benötigten aufwendige Ausstattungen für Schauspieler und Komparsen. Die Berliner vergnügten sich im Titania-Palast an der Steglitzer Schloßstraße, oder gingen im Sommer in die Freilichtbühne Rehberge. Ob Sänger oder Ballett, viele der fantasievoll verarbeiteten Stoffe kamen aus dem Kostümhaus Graichen.
Nicht nur Künstler gehörten zu den Kunden. Wenn das Hotel Kempinski für eine große Veranstaltung gewissermaßen eine Armee von Kellnern benötigte, kam auch dieser Auftrag in Spandau an. Auch als die Live-Veranstaltungen Konkurrenz vom Fernsehen bekamen, war das Kostümhaus Graichen mit dabei. „Der Produzent Fred Kraus, Vater des deutschen Rock’n’-Rollers Peter Kraus, probierte in Studios die Wirkung der Farben von Kostümen in Schwarz-Weiß aus“, erinnert sich Jutta Graichen. Als das Fernsehen bunt wurde, sorgte auch dann manches Kleid von Graichen für Farbe.
Auch für Barock oder Mittelalter das passende Kostüm
Neben den großen Aufträgen gab es immer auch die privaten Kunden. Ob Abendkleid oder Smoking, Faschingskostüm oder Tiernachbildung für den Kindergeburtstag, alles was für das private Ereignis kleidet, gab und gibt es bei Graichen. Auch wer sich gerne in andere Zeiten versetzt, ist dort richtig. Ob für Mittelalter oder Barock, das richtige Äußere ist vorhanden.
Der Wert der Kostüme liegt nicht nur in wertvollen Stoffen, sondern auch in der fachkundigen Pflege. Seit 1954 ist Jutta Graichen den Umgang mit Nadel und Zwirn gewöhnt. Unzählige Kleider hat sie selbst geschneidert, ältere Kostüme so ausgebessert, dass sie wie neu wirken. Und Accessoires gibt es natürlich auch, von der Maske bis zum Lackschuh.
Bisher hat diese Institution des schönen Äußeren keinen Nachfolger gefunden. Deswegen beginnt jetzt der Abverkauf der Kostüme. CS
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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