Gerald Greh betreibt in Alt-Pichelsdorf den "Freygeist"
Vom Schaffnerhäuschen zum Geheimtipp

Voller Geschichte: Gerald Greh hat aus dem Schaffnerhäuschen einen ganz besonderen Ort gemacht.  | Foto: Ulrike Kiefert
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Wie aus einem alten Schaffnerhäuschen ein Geheimtipp werden kann, zeigt sich in Alt-Pichelsdorf. „Freygeist“ hat Gerald Greh seinen besonderen Ort genannt. Dort gibt es Kunst und andere Köstlichkeiten.

Zugegeben, idyllisch ist anders. Statt friedlichem Vogelgezwitscher dröhnt hier der Autoverkehr der Heerstraße im Ohr. Dafür gibt der kleine Pavillon kurz vor der Freybrücke mit reichlich Geschichte an. 1925 im minimalistischen Stil der Moderne gebaut, diente er damals als Schaffnerhäuschen für die Straßenbahnen, die dort, in Alt-Pichelsdorf 1, ihre Wendeschleife fuhren. Eigentlich als reiner Zweckbau gedacht, besticht der bausteinförmige Pavillon zudem architektonisch – mit geometrischer Harmonie, klaren Linien und zeitloser Eleganz. Weshalb er unter Denkmalschutz steht.

Das Flair der 20er und 30er Jahre

Drinnen sitzt Gerald Greh in einem espressobraunen Ledersessel. Er hat ein Mappe mit historischen Fotos dabei. Einige hat er auf Leinwand drucken lassen und die Backsteinwände damit geschmückt. Der Gast soll sofort wissen, an welch' historischem Ort er hier verweilt. „Der Pavillon wurde lange vernachlässigt “, sagt er. „Ich habe ihn saniert und wiederbelebt.“ Denn als die Straßenbahn abgeschafft wurde, diente der schöne Pavillon als Klohäuschen und schnöde Imbissbude. Nach längerem Leerstand zog dann das „Kaffee Mafia“ ein. Doch weil die Laufkundschaft fehlte, gaben die Betreiber schnell auf. Danach blieb es zwei Jahre still um den Pavillon. Bis Gerald Greh ihn Anfang 2018 übernahm und aus ihm einen neuen Veranstaltungsort im Flair der 1920/30er machte: den „Freygeist“ – für Kochkurse, Küchenpartys, private Feiern und Räume für Ideen. Viel Zeit und Geld hat Gerald Greh hier investiert. „Das ist mein persönliches Baby“, sagt der 44-Jährige, der an der Heerstraße auf Charlottenburger Seite aufgewachsen ist.

Vor zehn Jahren übernahm Greh
das Café im Georg-Kolbe-Museum

Greh ist gelernter Zimmermann, wollte später Architekt werden. Doch irgendwie kam er zum Radio, entdeckte dort seine Liebe zur Musik. Er begann Platten zu sammeln, organisierte Partys und arbeitete im aufregenden Berlin der 1990er Jahre als DJ. Über ein Praktikum kam er dann in die Werbebranche, gründete eine Agentur, die es heute nicht mehr gibt, und wechselte später in die Gastronomie. Vor genau zehn Jahren übernahm Gerald Greh das damals totgesagte Café im Georg-Kolbe-Museum und belebte es zu einem berlinweit bekannten Veranstaltungsort: das „Café K“. Doch als vor fünf Jahren auch das Café am Kolbe-Museum aufwendig saniert werden sollte – was sich bis heute hinzog – übernahm sein Team auf Anfrage das Museumscafé im Kunsthaus Dahlem direkt am Brücke-Museum. Wegen angekündigter Sanierung ging es für ihn aber auch dort erst mal nicht weiter. So kam Greh, der inzwischen nach Spandau gezogen war, über einen privaten Kontakt zum Bildhauer Maximilian Verhas, der in Alt-Pichelsdorf wohnt, zu dem kleinen Pavillon. Greh mietete ihn von einer Tochtergesellschaft der BVG an, ließ den Dachschaden beheben, was eine Weile dauerte wegen der Genehmigungen, strich die Innenräume, befreite die halbrunde Fensterfront von der hässlichen Farbe und richtete das Interieur ein. Bereut hat er den Aufwand nicht. „Der Pavillon liegt mir sehr am Herzen“, sagt Greh. Auch weil er mit Alt-Pichelsdorf seit Kindertagen verbunden ist. Sein Großvater hat 1967 in einem der alten Häuschen gleich um die Ecke den Paddelverein „Havelmöven“ gegründet. Greh, der Enkel, ist selbst im Vorstand des Vereins und brachte es mehrfach zum Berliner Meister im Wildwasserkanuslalom. Außerdem wohnt Gerald Greh nicht weit weg vom Pavillon.

Raumvermietung statt Laufkundschaft

Seine Dependance vom „Café K“ – wie Greh das „Freygeist“ auch nennt – ist aber kein Tagescafé. Das komme wegen der fehlenden Laufkundschaft und der kleinen Küche nicht infrage, sagt er. Auch wolle hier, direkt an der Heerstraße, auch keiner länger draußen sitzen. „Aber gemeinsam mit Freunden kochen oder feiern kann man hier.“ Dazu gibt’s Musik, das ein oder andere kulturelle Angebot und gemütliche Abende. „Es ist ein schöner Ort“, sagt Gerald Greh. Der könne aber nur leben, wenn auch genügend Leute vorbeischauen.

Weitere Informationen gibt es unter 67 81 59 55 und www.freygeist.info.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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